Berlin hat rund 3,7 Millionen Einwohner, sie sind so verschieden wie die Stadt selbst. Was also macht Berlin aus, wieso lebt man hier – und tut man es überhaupt gern? In unserer Rubrik „Fragebogen Berlin“ fragen wir bekannte Hauptstädterinnen und Hauptstädter nach ihren Lieblingsorten und ihren persönlichen No-go-Areas. Sie verraten ihre Gastro-Geheimtipps, Shopping-Favoriten und Kiezgeheimnisse. Aber auch, was sie an Berlin nervt und was man hier auf keinen Fall tun sollte.
Diesmal hat Bibiana Beglau unsere Fragen beantwortet. Die deutsche Schauspielerin, bekannt aus zahlreichen Theater- und Filmproduktionen, wohnt schon seit vielen Jahren in Berlin. Früher wollte sie mal Bildhauerin werden, entschied sich dann aber doch anders. Und so kennt man sie heute aus etlichen „Tatort“-Folgen, aus Schlöndorff-Filmen, Netflix-Serien sowie als Hörbuch- und Hörspielsprecherin.
1. Frau Beglau, seit wann sind Sie schon in der Stadt?
Seit 2004 habe ich eine Wohnung in Berlin. Aber seit der Wende war ich sehr oft in der Stadt zu Besuch und bis heute bin ich dankbar und froh, dass ich die 1990er-Jahre in Berlin miterleben durfte. Mir war schon als Kind klar, dass ich irgendwann einmal in Berlin wohnen möchte und dass diese Stadt meine örtliche Heimat sein soll. Ich mag den Flair der Stadt und dass sie so viele unterschiedliche Zentren hat, dass sie von allen anderen Städten so separiert in der Landschaft liegt, dass sie so wunderschön sein kann und gleichzeitig wahnsinnig hässlich. Berlin ist eine Stadt als ewige Baustelle, nie ist wirklich etwas fertig und alles wandelt sich dauernd wie bei einem Ameisenhaufen. Und ich mag die Menschen, von entspannt bis gehetzt, sogar die Touristen.
2. Welcher ist Ihr Lieblingsort in Berlin?
Das wechselt oft. Aber ich mag jeden Ort, von dem ich über die Stadt schauen kann, und jeden Ort, der mir erlaubt, tiefer in sie einzutauchen.
3. Wo zieht es Sie hin, wenn Sie entspannen wollen?
Ins Theater, ins Kino, in die Opern, in die Parks, an die Seen, in die Clubs ... An alle Orte mit Überblick und an alle Orte mit Sichtschutz.
4. Welche Ecken der Stadt meiden Sie?
Ich entdecke lieber, als mich zu fürchten.
5. Ihr ultimativer Gastro-Geheimtipp?
Ich mag das Café Liebling im Prenzlauer Berg, die Bar Saint Jean in Mitte, die Victoria Bar in Tiergarten, das KaDeWe. Gerne gehe ich gerade in diese Restaurants: Heimlich Treu, Kink, Annelies, Otto Berlin, St. Bart, 21 Gramm, Merold, Frea ...

Seit Beginn ihrer Karriere arbeitete Beglau mit namhaften Regisseuren zusammen. Sie spielte unter der Leitung von Christoph Schlingensief, Dimiter Gotscheff, Einar Schleef, Frank Castorf, Luk Perceval, Martin Kušej, Sebastian Nübling und Thomas Ostermeier, bevor sie mit ihrer Hauptrolle in Volker Schlöndorffs Spielfilm „Die Stille nach dem Schuss“ große Bekanntheit erlangte.
Neben ihren Theater-Engagements spielt die 51-Jährige in großen Film- und Fernsehproduktionen. Derzeit ist die vielfach ausgezeichnete Schauspielerin in der Netflix-Serie „King of Stonks“ und am Wiener Burgtheater zu sehen.
6. Ihr ultimativer Shopping-Geheimtipp?
Ich liebe Vintage-Kleidung. Eine sehr nachhaltige Art, sich gut und modern zu kleiden. Besonders gern mag ich das Soeur, das Dear und das Garments Vintage.
7. Der beste Stadtteil Berlins ist …
Das ist schwer zu sagen, da die Stadtteile so unterschiedlich sind – das ist ja das Tolle. In Neukölln kaufe ich beim afrikanischen Kiosk meine Sheabutter und beim Türken die Nüsse. In Kreuzberg sind es Buchläden, und ich liebe die Markthalle. Im Wedding flaniere ich gern auf der Müllerstraße und stecke meine Nase in kleine Läden, wo ich meistens irgendwas finde, und die Uferhallen sind ein wunderbarer Ort für Kulturveranstaltungen. In Lichtenberg ist dann das Dong Xuan Center mein Liebling oder auch der Ausstellungsraum von Haubrok in der Fahrbereitschaft.
8. Das nervt mich am meisten an der Stadt:
Dieser Lifestyle-Kolonialismus, der sich in der Stadt ausbreitet. Ich verstehe nicht, wieso man in ein lebendiges Viertel zieht, nur um es dann auf Zimmerlautstärke zu dimmen. Auch diese Monokultivierung des Lebens empfinde ich als übergriffig.
9. Was muss sich dringend ändern, damit Berlin lebenswert bleibt?
Der Lebensstil-Kannibalismus, den viele beinahe schon religiös vor sich hertragen. Manchmal denke ich, ob es immer mehr Menschen in der Stadt gibt, die denken, sie wissen, was richtig oder falsch ist: von Nahrungsmitteln bis Fortpflanzungswillig- bzw. -unwilligkeit. Berlin ist eine Stadt der Möglichkeiten. Die sollten alle weiterhin hier finden können.
10. Ihr Tipp an Unentschlossene: Nach Berlin ziehen oder es lieber bleiben lassen?
In Berlin braucht man echt viel Konzentration und Disziplin, weil die Ablenkungsmöglichkeiten ziemlich groß sind. Deshalb, hab Lust an so einem Leben, wenn du es ruhiger brauchst, dann gibt es noch viele tolle Städte mit B, in die man ziehen kann, wie Böblingen, Braunschweig oder Bielefeld.
11. Cooler als Berlin ist nur noch …




