Schon mal etwas von einer betrügerischen Abschleppfirma gehört? So etwas gibt es offenbar tatsächlich in Berlin. Die Täter „kidnappen“ stadtweit Autos und erpressen auf diese Weise von den Haltern Lösegeld.
Als die Krankenpflegerin Chantal T. in der Nacht zu Dienstag an der Spandauer Heerstraße die Wohnung ihres Freundes verließ, war ihr Opel weg. Die 22-Jährige hatte ihn vor dem Wohnhaus abgestellt – nicht ganz korrekt, denn die Mieterparkplätze waren belegt, weshalb sie ein Stück daneben parkte.
Sie wählte den Polizeinotruf 110. Dort nannte man ihr die Telefonnummer einer Abschleppfirma, die dort hinterlegt war. Demnach war das Auto von dieser angeblichen Firma abgeschleppt und umgesetzt worden. Abschleppaufträge kommen in der Regel von der Polizei oder privaten Wohnungsunternehmen, die entsprechende Verträge mit solchen Firmen geschlossen haben. Diese unterrichten dann die Polizei, damit sie die Halter informieren kann, wenn diese die 110 wählen.
Die Firma existiert gar nicht
Diese angebliche Firma reagiert nur auf WhatsApp-Nachrichten. Als sich Chantal T. dorthin wandte, wurde sie aufgefordert, per Echtzeitüberweisung 476 Euro für Bekanntgabe des Standortes zu zahlen. Auch das Auto ihres Nachbarn war auf diese Weise verschwunden. Sie wandte sich daraufhin an die Polizei.
Auf den Rechnungen ist als Geschäftsadresse die Bürgerstraße in Reinickendorf angegeben. Allerdings existiert dort keine Firma. Die Steuernummer auf der Rechnung ist offenbar ebenfalls gefälscht.

„Wahrscheinlich fährt diese Firma durch ganz Berlin und setzt nachts fröhlich Fahrzeuge um“, sagt Chantal T. „Ich vermute, dass viele betagte Menschen dreist um ihre Rente betrogen werden.“
LKA Berlin ermittelt gegen Abschleppbetrüger
Inzwischen hat sie ihr Auto wieder, ohne Lösegeld zu zahlen. Ein Nachbar entdeckte es ein paar Straßen weiter. Ein paar hundert Meter weiter beschlagnahmten Polizisten offenbar auch das Abschleppfahrzeug, das einen Pkw huckepack hatte.
Die Ermittlungen zu den mutmaßlichen Abschleppbetrügern hat inzwischen das Landeskriminalamt übernommen. Wie eine Polizeisprecherin bestätigte, wird wegen Nötigung und Erpressung ermittelt.
Nach Angaben von Ermittlern soll es inzwischen mehrere Festnahmen gegeben haben, was die Polizei bislang aber nicht offiziell bestätigt. Das Abschleppfahrzeug und auch das Konto bei der Berliner Sparkasse sollen auf die Namen von zwei Ukrainerinnen angemeldet sein.


