Mit einer cleveren, aber hochgefährlichen Masche sind Einbrecher derzeit in Berlin unterwegs. Sie spionieren mit einem besonderen Trick aus, ob ihre Opfer zu Hause sind: An Wohnungstüren bringen sie in etwa 30 Zentimeter Höhe hauchdünne Klebefäden zwischen Tür und Türrahmen an.
Nach Angaben von Ermittlern sind diese kaum dicker als ein Spinnenfaden, für das bloße Auge kaum zu erkennen und oft nur unter Taschenlampenlicht sichtbar. Besser zu erkennen seien die Klebeansätze an der Tür und dem Rahmen, die als rundlicher Klecks wahrzunehmen sind und leicht aus der Oberfläche hervortreten.
Betroffen sind in der Regel mehrgeschossige Mietshäuser. Zeugenaussagen zufolge gehen die Einbrecher folgendermaßen vor: An der Wohnung, die sie sich ausgesucht haben, klingeln sie zunächst. In der Vergangenheit geschah dies stets ab 21.30 Uhr.
Öffnet niemand, dann bringen die Einbrecher den Faden an der Tür an. Bleibt er auch nach längerer Zeit intakt, wissen sie, dass niemand die Wohnung betreten hat, und sie in Ruhe dort einbrechen können. Das Verätzen der Schließzylinder braucht einige Zeit. Die Einbrüche werden ausnahmslos nachts verübt, wobei der Schwerpunkt zwischen 22 und 4 Uhr liegt. Für Wohnungsinhaber und aufmerksame Nachbarn dürften die kaum sichtbaren Markierungen eine ganz besondere Herausforderung darstellen.
Seit Mitte Dezember gibt es Säure-Einbrüche im gesamten Berliner Stadtgebiet
Dabei gehen die Täter auf eine Weise vor, die für die Einbruchsopfer gefährlich ist: Sie spritzen hochkonzentrierte Salpetersäure in die Profilzylinder der Türschlösser. Dadurch wird die Struktur des Metalls zersetzt, die Schlösser lassen sich öffnen. Das ist eine geräuschlose Methode, um in die Wohnung zu gelangen. Schon Ende Dezember veröffentlichte die Berliner Polizei einen entsprechenden Warnhinweis, wonach es seit Mitte jenes Monats im gesamten Berliner Stadtgebiet vermehrt zu dieser Art von Einbrüchen kam.
Nach Angaben eines Polizeisprechers wurden in Berlin seit Mitte Dezember bis jetzt insgesamt 161 dieser Säure-Einbrüche gezählt. „Bislang wurde ein Verdächtiger festgenommen, dem mehrere Taten zugeschrieben werden“, sagt der Sprecher.

Salpetersäure ist stark ätzend und atemwegsreizend. Sie erscheint, je nach Material des Schlosses, transparent bis gelb, grün oder bräunlich. Die Polizei warnt: Bei entsprechenden Feststellungen von unbekannten Flüssigkeiten an Wohnungs- oder Haustüren solle man umgehend die Polizei informieren und sich von den beschädigten Stellen fernhalten. Unter keinen Umständen darf die Flüssigkeit berührt werden. Auch Handschuhe schützen nicht ausreichend vor dem stark ätzenden und atemwegsreizenden Stoff.
Unklar ist, wo die Täter die Salpetersäure herhaben. Denn sie ist nicht frei verkäuflich, sondern kann laut Chemikalien-Verbotsordnung nur unter bestimmten Voraussetzungen von professionellen Anwendern bei Chemikalien-Fachhändlern bezogen werden. Es braucht einen Nachweis, dass die Säure professionell verwendet wird.
Beim Auskundschaften hinterlassen die Täter Zeichen oder Werbeflyer
Die Einbruchsmasche mit der Säure ist neu, ebenso das Auskundschaften der Wohnungen per Spinnenfaden.
Doch Einbrecherbanden haben weitere Spionage-Methoden, von denen viele Menschen nichts wissen. Wenn die Täter oder deren Komplizen herausfinden wollen, ob jemand daheim ist, klingeln sie zum Beispiel. Öffnet jemand die Tür, dann benutzen die Täter irgendeine Ausrede: Manchmal fragen sie nach dem Weg irgendwohin oder nach einem Nachbarn. Sie geben sich mitunter als Verkäufer aus oder behaupten, sich in der Hausnummer geirrt zu haben.
Öffnet niemand, dann kommt es vor, dass Einbrecher einen sogenannten Gaunerzinken hinterlassen: Am Briefkasten, an oder neben der Haustür oder am Gartenzaun malen sie mit Kugelschreiber oder Kreide ein Zeichen auf – als Botschaft für nachfolgende Komplizen. In Siedlungsgebieten kam es auch schon vor, dass ein Stück Geschenkband an den Zaun geknotet war.


