Frieden, ferngesteuerte Autos, ein Smoothie-Maker für die Puppenküche oder ein Fahrrad ohne Rücktritt – auch in diesem Jahr sind die Wunschzettel wieder lang, die in den Weihnachtspostämtern der Republik anlanden. Nicht alle Wünsche sind ohne Weiteres zu erfüllen, manche gar illusorisch. Aber darum geht es ja nicht beim Wunschzettel-Schreiben – denn wünschen darf man sich prinzipiell erstmal alles.
Von daher hätten wir da noch ein paar Begehrlichkeiten, die konkret unsere schöne Stadt Berlin betreffen. Die natürlich noch viel, viel schöner sein könnte, gäbe es da nicht diese oder jene Mängel. Insofern reichen wir hiermit noch eine Liste ein mit Dingen, die das Christkind der Hauptstadt schenken könnte. Oder vielleicht fühlt sich ja auch die eine oder andere Behörde oder das ein oder andere steuerfinanzierte Landesunternehmen angesprochen? Damit's uns allen besser geht in dieser Stadt? Danke schon mal im Voraus!
Wunsch 1: Ein besserer ÖPNV
Ich bin früher sehr oft mit öffentlichen Verkehrsmitteln gefahren. Seit zwei Jahren aber sind Bus und Bahn eher zur Ausnahme geworden, das Fahrrad hat die Öffis abgelöst. Dabei ist mir gar nicht immer nach Radfahren. Bei minus neun Grad oder bei Regen zum Beispiel würde ich eigentlich auch lieber die U-Bahn zur Arbeit nehmen. Doch dann schaue ich mir auf der Internetseite der BVG die Verbindung an – drei Störungsmeldungen auf meiner Strecke – und habe schon keine Lust mehr.

Umleitungen bei der Tram, Gleissperrung und Pendelverkehr bei der U-Bahn. Den ganzen Winter soll das noch so gehen auf der Linie der U2. Horror! Und wenn wir schon beim Gruseln sind: Welche Frau benutzt eigentlich abends noch die U-Bahn? Ich war neulich mittwochs gegen 20 Uhr in der U6 jedenfalls das einzige weibliche Wesen im ganzen Waggon. Kann Zufall sein, hat sich trotzdem nicht gut angefühlt. Das muss besser werden! Anne Vorbringer
Wunsch 2: Endlich bargeldloses Bezahlen
„Kann ich mit Karte zahlen?“ In keiner anderen vergleichbaren Stadt wird der Fragende wohl so oft mit der Antwort „Nein“ enttäuscht – sei es im Späti, im Restaurant oder an der Bar. Deutschland und Berlin rühmen sich als fortschrittliches Land und Weltmetropole, lahmen aber in puncto Digitalisierung nicht nur auf monetärer Ebene.
Dort schmerzt es allerdings besonders. Die EC-Karte liegt nutzlos im Portemonnaie, es wird getröstet, der nächste Bankautomat sei ja nicht weit weg. Spätis haben meistens sogar einen ATM direkt vor der Tür. Allerdings bedeutet dortiges Abheben mindestens fünf Euro Transaktionsgebühr. Da fragt man sich, ob das Getränk, das man kaufen wollte, wirklich sein muss.

Und es gibt nichts Lästigeres, als nach einem guten Restaurantbesuch durch den Berliner Winter zur nächsten Bankfiliale stapfen zu müssen, weil man eben erst erfuhr, dass keine Kartenzahlung möglich ist. Andere Städte wie Stockholm oder Sydney hingegen offenbaren, welch einfaches Leben in Berlin verwehrt wird. Eine einzige Kreditkarte braucht es, und du kannst alles bezahlen. Während in Ländern wie Schweden in Aussicht steht, dass 2030 endgültig Schluss mit Bargeld ist, kommt es in Berlin einer Revolution nahe, dass das Berghain den Eintritt nun mit Karte zahlen lässt. Also, an alle anderen zahlreichen Stätten Berlins, bei denen nach wie vor „Cash only“ gilt: Nehmt euch bitte ein Beispiel am Berghain und den anderen Metropolen. Franka Klaproth
Wunsch 3: Weniger Autos in der Innenstadt
In den einschlägigen Social-Media-Kanälen wird gern auf Radfahrer geschimpft. Die ungehobeltsten aller Verkehrsteilnehmer seien sie, die schlimmsten überhaupt, kennen keine Regeln, sind selber schuld, wenn was passiert. Dabei wird von den Schreibenden (meist Autofahrer, klar) leider außer Acht gelassen, dass auch viele Kraftfahrzeughalter die Regeln ignorieren. Dass auch sie fahren, wenn die Ampel schon auf Rot gesprungen ist, dass sie rechts abbiegen, ohne den Vorfahrt habenden Radfahrer vorbeizulassen, dass sie beim Aussteigen ohne in den Rückspiegel zu blicken die Fahrertür öffnen, dass sie drängeln und in engen Straßen nicht vom Gas gehen, weil sie sich im Vorrecht wähnen.

Alles eine Frage der Perspektive, nur wer der Stärkere in dem Spiel ist, ist längst ausgemacht. Daher sollte die Defensive nicht nur vom Radfahrer verlangt werden. Und: Wer von einer Verkehrswende in Berlin spricht, der kann diese Stadt eigentlich nicht meinen. Einfach mal in der Rush-Hour die Greifswalder Straße hochradeln, bei frostigen Temperaturen dieseln die im Stau stehenden Autos dort besonders schön. Vielleicht haben Sie Glück und erwischen einen kurzen Radwegeabschnitt, der nicht von Paketautos, Lieferfahrzeugen und sonstigen Falschparkern zugestellt ist. Wünschenswert wäre es. Anne Vorbringer
Wunsch 4: Mehr Flausch und gleich auch ein neues Wappentier
Wenn man Zugezogene aus etwas feurigeren Regionen fragt, also sagen wir mal aus Brasilien zum Beispiel, was ihnen in Berlin fehlt, dann sagen eigentlich alle: die Wärme. Die Brasilianerinnen, die ich kenne, leiden physisch und psychisch unter dem langen Winter, dem wenigen Licht, den kalten Monaten. Vielen Berlinerinnen geht es übrigens ganz genau so.
Nun können wir das Wetter nicht ändern, aber so ein bisschen mehr Flausch täte Berlin schon ganz gut. Das fängt mit den Kuscheldecken zum Einmummeln an. Haben Sie mal versucht, sich draußen vor dem Restaurant in Mitte oder der Bar in Friedrichshain mit den dort ausgelegten Decken zu wärmen? In der Regel handelt es sich um dünne Ikea-Plaids, bei deren Anblick einem gleich noch kälter wird. Gab's da nichts aus Wolle? Die Felle vom Alpaka oder Islandschaf sollen ganz hervorragend wärmen, hört man. Und wenn wir schon bei Tieren sind: Wie lange müssen wir eigentlich noch diesen grimmigen, gänzlich unkuscheligen Bären als Wappentier vor uns her tragen? Anne Vorbringer
Wunsch 5: Augenmerk auf die Schulen
„Lehrkräfte wollen unterrichten und nicht untergehen“; „Tarifvertrag für kleinere Klassen“: Wenn man die Schilder auf den Streik-Demonstrationen Berliner Lehrkräfte sieht, überkommt einen dieses unangenehme Gefühl, das man hat, wenn einem ein großes Problem wieder einfällt, das man lange verdrängt oder vor sich hergeschoben hat. Seit September gehen sie immer wieder auf die Straße.
Denn die Arbeitsbedingungen an Berliner Schulen verschlechtern sich zusehends, Gebäude verschimmeln, die Personaldecke reißt. Kurz: Die Lernsituation vieler Schülerinnen und Schüler ist eine Katastrophe. Da ist es auch kein Wunder, dass beinahe die Hälfte der Berliner Grundschüler die Mindeststandards in Rechtschreibung nicht erreicht. Nach mehr als 20 Jahren SPD-geführter Bildungspolitik in Berlin muss man eine ernüchternde – nein –, eine erschreckende Bilanz ziehen.





