Es ist Dienstag, 13.30 Uhr, Alexanderplatz, an der Marienkirche, 34 Grad: Eine Gruppe Touristen verlässt die Kirche und tritt hinaus in das Sonnenlicht. Der Schatten des Fernsehturms fällt leider gerade nicht auf die Marienkirche. Die letzte Touristin, eine Britin, setzt ihren Fuß wieder auf den Alexanderplatz und ruft etwas überrascht wie zu sich selbst: „Fuck!“ Dann weiter auf Englisch: „Es ist wirklich verdammt warm heute.“
Wer um sich blickt an diesem Tag, sieht, dass die Hauptstadt einen Sonnenhut trägt oder sogar einen Regenschirm. Das grelle Sonnenlicht blendet die Augen, die Hitze drückt auf die Stirn. Am schlimmsten ist es während der heißen Stunden zwischen 11.00 und 15.00 Uhr. Trotzdem sind überall in Berlin Menschen unterwegs, die nicht zu Hause sitzen wollen – oder können. Man sieht ihnen an, dass auch sie sich vor der Sonne schützen müssen.
Die Marienkirche ist nicht die einzige Oase dieser Art, es gibt in Berlin mehr als 400 Kirchen verschiedener Konfessionen. Alle Kirchen mit einem steinernen Innenraum haben das gemeinsam: Es ist angenehm kühl. Nicht nur die Kühle entspannt die Besucher, sondern auch die Stille. Die Touristinnen Pomey und Alima aus England sind zum ersten Mal in Berlin – sie wollten die Marienkirche aus kulturellem Interesse besuchen.
„Es ist ja schon warm hier, aber in England ist es wärmer“, sagt die 22-jährige Pomey aus London. Das stimmt tatsächlich: Nicht nur Berlin, sondern ganz Westeuropa erlebt gerade eine Hitzewelle, im südenglischen Surrey wurde am Montag eine Temperatur von 39,1 Grad gemessen – ein Rekord für Großbritannien. Den Freundinnen ist bewusst, dass es morgen hier noch wärmer wird: Daher planen sie einen ganzen Tag Museumsbesuche. „Wir gehen einfach da hin, wo es eine Klimaanlage gibt“, sagt Alima.

Im Stadtzentrum, wo gefühlt alles zubetoniert ist, fühlt sich die Hitze noch intensiver an. Doch auch hier gibt es Orte, wo es kälter ist: zum Beispiel das Einkaufszentrum. Schon beim Betreten des Alexa am Alexanderplatz fühlt es sich an, als ob eine kühlende Welle über das Gesicht schwappt. Viele Besucher seufzen hörbar vor Erleichterung – niemand möchte in dieser Situation an die Energie denken, die es braucht, um die Luft in den fast 70 Einkaufszentren Berlins herunterzukühlen.
Das Paar Katrin und Dietmar aus Mecklenburg sitzt auf einer Bank im Foyer des Alexa. Sie genießen eine Eiswaffel: sie mit Zitrone, er mit Stracciatella. Sie sind ein paar Tage in Berlin, um ihren Sohn zu besuchen, der hier Student ist. Von der Hitze lassen sie sich nicht beeindrucken. „Sicher ist es an so einem Tag besser als Urlauber als als Arbeiter“, sagt Katrin. „Aber wir machen uns von dem Wetter nicht abhängig.“ Dietmar nickt. „Man muss ja nicht die ganze Zeit in der Sonne stehen“, sagt er. „Wichtig ist: Pause machen, sich abkühlen, ein Eis genießen.“
Für andere hat die Klimaanlage als Lösung gegen die Hitze nichts drauf – nur in der Natur, im Schatten der Bäume, finden sie Zuflucht vor der Sonne. Genau so ist es im Volkspark Friedrichshain am Märchenbrunnen: Einige Menschen sonnen sich, andere baden im Brunnen mit ihren Kleinkindern oder dem Hund. Aber die große Mehrheit der Besucher ruht sich an den Bänken am Brunnenrand aus. Es ist ein bisschen abseits und vor allem: im Schatten. Inzwischen ist es noch heißer geworden, um 14.30 Uhr ist die Temperatur jetzt auf 36 Grad gestiegen, Höchsttemperatur in Berlin werden am diesem Tag 37 Grad sein.
Unter denen im Schatten sitzt die Charlottenburgerin Regina Wick und dreht sich eine Zigarette. Sie findet das Wetter „super“ – „Is ja auch janz normal im Sommer, ne?“, sagt sie mit einem breiten Lächeln. Sie ist zum ersten Mal am Märchenbrunnen. Ihre Strategie für den Rest des Tages: „Kühl bleiben und spontan irgendwo ins Grüne fahren.“ In Charlottenburg gebe es auch zwei schöne Parks. „Da bin ich wirklich verwöhnt.“
Ein paar Meter entfernt am Rand des Brunnens sitzt die 43-jährige Sanja Semeti; ursprünglich kommt sie aus Kroatien, seit 2015 lebt sie in Berlin. Sie weiß solche Tage zu schätzen: „Berlin ist für mich oft einfach zu kalt“, sagt sie. „Aber an so einem Tag wie heute fühle ich mich wie am Mittelmeer, wie ich es aus meiner Kindheit kenne.“ Schon seit Anfang der Pandemie kommt sie regelmäßig zum Märchenbrunnen, um sich hier zu entspannen. „Es wäre ja schön, nach Wannsee zu fahren, aber das dauert“, sagt sie. „Hier kriegt man aber auch alles, was man braucht.“ Damit meint sie den Schatten, das Plätschern des Brunnens und das Rauschen der Bäume.






