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Experiment in Neuköllner Park: Eistee gegen Hitze für alle! Funktioniert das?

Für sein Studium der Sozialen Arbeit startet Christof Sotiropoulos ein ungewöhnliches Projekt. Alle bekommen umsonst Eistee – und wenn sie wollen: ein Gespräch.

Christof Sotiropoulos mit einem Freund, der ihm beim Aufbau half.
Christof Sotiropoulos mit einem Freund, der ihm beim Aufbau half.Maria Häußler

Eine Frau, blonde lange Haare, blaue Strähnen, legt eine große goldene Klangschale auf Christof Sotiropoulos Schoß und schwingt mit einem Filzschlägel dagegen. Die Schale vibriert, ganz leise, der Klang ist ein paar Schritte weiter kaum zu hören. „Wow“, sagt der 30-Jährige, während die Klangschalenmasseurin noch ein bisschen erzählt, dass manche Kunden die Schalen nicht auf, sondern neben ihrem Körper liegen haben wollen oder die Behandlung nach dem ersten Versuch ganz ablehnen. Doch eigentlich ist Silke nicht zum Reden, sondern zum Eisteetrinken hier.

Christof Sotiropoulos hat einen kleinen Tisch mit zwei Kannen im Park am Wildenbruchplatz in Neukölln aufgebaut. „Eistee für den Kiez“, steht in krakeliger Schrift auf einem Holzbrett. Der Eistee ist kostenlos und selbst gemacht. Für ein Online-Seminar hat sich Sotiropoulos dieses Projekt ausgedacht, bei dem Menschen ins Gespräch kommen und sich erfrischen. „Ich wollte den Leuten an so einem heißen Tag etwas Gutes tun“, sagt er.

Es ist eines der letzten Seminare, die Sotiropoulos für seinen Bachelor der Sozialen Arbeit noch besucht, die Aufgabe war sehr offen gestellt. Es ging darum, etwas im öffentlichen Raum zu gestalten. Eigentlich studiert der 30-Jährige in Erfurt, seit Corona finden viele Seminar ohne Präsenzpflicht statt, also wohnt er lieber in Berlin.

Die Klangschalenmasseurin muss weiter zu ihren drei Kindern. Nun sitzt der Student einer zahnlosen Obdachlosen gegenüber, die ihm Tipps für bessere Orte gibt, wo er seinen Eistee verteilen kann. Dabei war genau das die ursprüngliche Idee: Eistee für Obdachlose. Letztendlich fand es Sotiropoulos dann doch besser, die Getränke allen anzubieten. So lernt er an diesem Tag die unterschiedlichsten Menschen und seine Nachbarschaft ein bisschen besser kennen.

Als Nächstes kommt ein Mitglied von Extinction Rebellion, Aktivisten, die auf den drohenden Klimawandel aufmerksam machen. Er sagt, er treffe sich gleich hier mit anderen Aktivisten zur Planung. Er erzählt, dass Schwarztee eigentlich auch Grüntee ist, und schenkt sich erst nach intensivem Zögern eine Tasse ein. „Wollen wir mal sehen, was ihr hier zusammengebraut habt“, sagt er und grinst.

Nach einer Stunde hat die Situation im Park etwas von Speeddating – die Menschen setzen sich auf die Bank gegenüber und erzählen etwas über sich. Die Situation erfordert es, zu reden. Das lehnen manche ab, andere wollen genau das. Ein paar wollen auch nur reden und nichts trinken, wie ein Mann mit einem „Star Wars“-Shirt. Er mache montags immer Detox, sagt er, deshalb sei Zucker tabu. Und er erledige Dinge, gerade komme er vom Masken-Einkauf zurück.

Wann Sotiropoulos denn wieder hier sei? „Eigentlich ist das nur ein einmaliges Projekt“, sagt er. Als die Hitze nachlässt, setzen sich zwei Italienerinnen, die ihre Wassermelone mit ihm teilen. Die eine erzählt von Kunst und Therapie, die andere vom Tanzen im SchwuZ und Cassiopeia. Sie lädt Sotiropoulos zu ihrem Geburtstag in zwei Tagen ein. Er stimmt ein Lied auf der Gitarre an und die beiden wippen im Takt mit. Experiment? Gelungen.