Kein guter Tag für die Fahrgäste in Berlin. Nachdem in der Innenstadt wichtige Schienenstrecken unterbrochen oder verkürzt worden sind, ist nun auch noch die U-Bahn-Linie U6 ausgefallen. Seit dem heutigen Mittwochmorgen können auf einem Abschnitt in Mitte erst einmal keine U-Bahnen mehr fahren. Viele tausend Fahrgäste sind länger unterwegs. Ein Schienenersatzverkehr (SEV) mit Bussen wurde eingerichtet, doch die Kapazität reicht offenbar kaum aus. „Es ist total chaotisch“, wird berichtet.
Sperrung dauert länger
„Die U6 ist seit zirka 8.10 Uhr zwischen den Bahnhöfen Stadtmitte und Wedding unterbrochen“, bestätigte Markus Falkner, Sprecher der landeseigenen Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), am Mittwochvormittag. „Grund ist ein schadhaftes Signalkabel im U-Bahnhof Friedrichstraße. Das Kabel wird nun ausgetauscht. Die Arbeiten laufen mit Hochdruck und der gebotenen Sorgfalt. Nach Einschätzung der Fachleute wird das einige Stunden dauern. Wir gehen davon aus, dass der Verkehr am frühen Nachmittag wieder rollen kann.“ Dem Vernehmen nach ist das Kabel nicht mutwillig beschädigt worden.
Am Mittag gab die BVG einen neuen Termin bekannt. „Die Reparatur eines beschädigten Signalkabels am U-Bahnhof Friedrichstraße dauert leider länger als zunächst angenommen“, so das Landesunternehmen. „Sorgfalt und Sicherheit gehen bei dieser wichtigen Technik vor. Für die Wiederinbetriebnahme der U6 heißt das: Bevor die Züge wieder rollen können, müssen alle technischen Funktionen umfassend getestet werden.“
Entgegen der ersten Prognose werden die Arbeiten mindestens bis zum Abend dauern, so die BVG weiter. „Die U6 bleibt weiterhin zwischen den Bahnhöfen Wedding und Stadtmitte unterbrochen. Als Ersatz fahren dort Busse. Zusätzlich pendelt zwischen den Bahnhöfen Wedding und Unter den Linden ein U-Bahnzug im 20-Minuten-Takt.“
Die BVG verwies ihre Kundschaft auf den SEV - der aber bald überlastet war und nur unregelmäßig verkehren konnte. Zudem erzwingen Baustellen Umwege, später kam ein Unfall hinzu. Statt 9 Minuten dauerte eine Fahrt zum Beispiel von der Koch- zur Reinickendorfer Straße 22 Minuten, berichtete eine Bus-Nutzerin am Mittag. Auf den U-Bahnhöfen Wedding und Stadtmitte, wo die U6 derzeit endet, gab es viele ratlose Fahrgäste. „Und verwirrte Touristen“, wie es weiter hieß. An den Haltestelle des Ersatzverkehr harrten Menschen in großen Trauben aus. Die BVG wies die Fahrgäste darauf hin, andere Strecken des Nahverkehrs zu nutzen.
Verkehrsunfall legte die Straßenbahnlinie M1 und 12 lahm
Bei den Schienenverbindungen ist das Angebot im östlichen Berliner Stadtzentrum allerdings schon stark zusammengeschmolzen - momentan ist abgesehen vom Ring nur die U8 übrig geblieben. Wer in Pankow, Prenzlauer Berg oder in anderen Teilen des Berliner Nordostens wohnt, hat ohnehin bereits seit Wochen allen Grund, sich abgehängt zu fühlen. So verkehren auf der Nord-Süd-Trasse der S-Bahn bis Mitte Februar zwischen den S-Bahnhöfen Südkreuz/ Yorckstraße (Großgörschenstraße) und Nordbahnhof keine Züge. Es gibt zwar einen SEV, der in zwei Linien geteilt wurde. Allerdings bleiben die Busse auf den schmalen Straßen in Mitte oft im Stau stecken.
Auch die Straßenbahn fällt als Verbindung ins Zentrum zum Teil aus, weil die Linien M1, M10 und 12 verkürzt wurden – ebenfalls wegen Bauarbeiten. Am Mittwochmorgen führte ein Verkehrsunfall auf der Kastanienallee in der Prenzlauer Berg zu weiteren Komplikationen auf den Linien M1 und 12. Fahrgäste mussten aussteigen und laufen.
Am schmerzhaftesten empfinden die meisten Nahverkehrsnutzer in Berlin jedoch die Unterbrechung der U2 in Mitte. Seit dem 7. Oktober müssen sie in den U-Bahnhöfen Senefelderplatz und Klosterstraße umsteigen. Dazwischen pendelt eine U-Bahn, aber nur alle 15 Minuten. Für viele Tausend Fahrgäste pro Tag haben sich die Reisezeiten enorm verlängert. Anlass ist ein Tunnelschaden unter dem Alexanderplatz, der mit der benachbarten Baustelle des Immobilienunternehmens Covivio zusammenhängt.
Bis 2025 keine U-Bahnen auf der U6 nach Tegel
Wie berichtet gibt es weiterhin keinen Zeitplan, wann die U2 wieder wie früher verkehren kann. Ein Experte befürchtet, dass die Störung mindestens bis Sommer 2023 andauert. Er schloss nicht aus, dass ein Neubau des Tunnels der U2 unter dem Alexanderplatz erforderlich werden könnte, weil die Schäden möglicherweise zu groß sind.
„Die BVG und die Senatsverwaltung haben ein hohes Interesse daran, so rasch wie möglich zu einem normalen Betrieb auf der U2 zurückzukehren“, sagte Berlins Mobilitätssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) am Mittwoch im Mobilitätsausschuss des Abgeordnetenhauses. Covivio sei Verursacher des Tunnelschadens und müsse für die Behebung sorgen, bekräftigte sie. Damit das Verwaltungsverfahren weitergehen kann, müsse das Immobilienunternehmen noch Unterlagen einreichen. Für die geplanten Sanierungsarbeiten vermisse der Senat derzeit noch ein Konzept.
Die Linken-Abgeordnete Katalin Gennburg wies darauf hin, dass der Tunnel der U8 unter dem Alexanderplatz von dem Plan des Investors Signa, neben dem Warenhaus Galerie Kaufhof ein Hochhaus zu bauen, betroffen sein könnte. „Der Bauherr ist dafür verantwortlich, dass das Projekt sicher ist“, entgegnete Jarasch. Ihre Behörde spreche mit der Senatsbauverwaltung aber darüber, ob es möglich sei, gegenüber Signa „schärfere Auflagen“ durchzusetzen.
Auf der U6 gibt es bereits seit dem vergangenen November eine geplante Unterbrechung. Weil die Trasse im Norden Berlins saniert und eine Brücke neu errichtet wird, fahren keine U-Bahnen zwischen Alt-Tegel und Kurt-Schumacher-Platz. Bis zum Frühjahr 2025 müssen die Fahrgäste auf Busse umsteigen.
(Mitarbeit: Wiebke Hollersen)
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