Am Ende des 79. Prozesstages wurde die Stimmung plötzlich sehr hitzig und aufgeladen im Saal 500 des Landgerichts. Bushidos Anwalt Steffen Tzschoppe und Arafat Abou-Chakers Anwalt Hansgeorg Birkhoff stichelten und reizten einander gegenseitig. Birkhoff beschwerte sich über Verschriftlichungen der ominösen Audiodatei, die der Stern Anfang des Jahres vorgestellt hat. Birkhoffs Wissen zufolge sollen „fünf Journalisten“ Mitschriften der Aufzeichnung vorzuliegen haben. Für ihn ist die Weitergabe von Aktenbestandteilen an Dritte eine Straftat. Er sieht dadurch eine Prozessbeeinflussung durch die Medien.
Am Montag ging es weiter in dem Verfahren zwischen dem Rapper Anis Ferchichi, besser bekannt unter seinem Künstlernamen Bushido, und den Abou-Chaker-Brüdern: Arafat, Yasser, Nasser und Rommel. Sie sollen am 18. Januar 2018 Bushido in ihrem Büro in Treptow so bedrängt, bedroht, beleidigt, verletzt und eingesperrt haben, dass dieser um sein Leben und das seiner Familie fürchtete. Was genau beim Streit und in den Jahren davor passierte, darüber streiten die Betroffenen mittlerweile seit zwei Jahren vor Gericht.
Nebenkläger Bushido, der üblich mit Personenschützern ins Gericht kommt, erscheint jedoch nicht in Moabit. Er ist stattdessen höchstwahrscheinlich an einem Sicherheitsschalter eines Flughafens, um ins neue Leben zu fliegen. Mit seiner Ehefrau Anna-Maria und ihren sieben Kindern soll er Berlin verlassen haben. Sie wollen in der Luxusmetropole Dubai in den Vereinigten Arabischen Emiraten ein neues Leben beginnen, ganz ohne Polizeischutz und vor allem ohne Arafat Abou-Chaker.
Somit galt am heutigen Prozesstag die volle Aufmerksamkeit Nina A., einer 32-jährigen Polizeibeamtin aus Berlin. Sie war dabei, als Bushido zum ersten Mal von Mitarbeitern des Landeskriminalamts (LKA) vernommen wurde. A. empfand eine sehr „gedrückte Stimmung“, als der Rapper von seiner geschäftlichen Beziehung mit Arafat Abou-Chaker sprach. Allerdings soll Bushido sehr detailreich und viel geredet haben. Neue Erkenntnisse brachten jedoch auch die Aussagen der Polizeibeamtin nicht.
Verliert der Prozess an Bedeutung?
So merkt man zum wiederholten Mal, dass alle Beteiligten, darunter Richter, Anwälte und Journalisten, das Ende des Mammutprozesses herbeisehnen. Dies lässt sich auch an den nächsten Terminen erkennen. Wie der Vorsitzende Richter Martin Mrosk schon vergangene Woche andeutete, werden zukünftige Prozesstage „ausgedünnt“. Ein weiterer großer Prozess beschäftigt die Kammer, weshalb weniger Termine für Bushido und die Abou-Chaker-Brüder im Plan stehen. Während im August bisher jeweils immer montags und mittwochs ein Termin feststand, ist für den Monat September zurzeit nur ein Termin vorgesehen.



