Bis sich wieder ein Riesenrad über dem Plänterwald dreht, werden noch mehr als zwei Jahre vergehen. Doch auf dem Weg zum Kunst- und Kulturpark stehen für 2023 weitere Meilensteine an. Nun hat das landeseigene Unternehmen Grün Berlin auf Anfrage der Berliner Zeitung erklärt, was im einstigen VEB Kulturpark von Berlin, Hauptstadt der DDR, aktuell alles ansteht.
Die Antwort des Senats auf eine Anfrage der Linke-Abgeordneten Katalin Gennburg lässt aber mögliche Folgen der Neueröffnung erahnen. Auf diesen Teil von Treptow-Köpenick komme ein Verkehrschaos und eine Parkplatznot zu, warnte Gennburg am Montag. Sie nahm auch die Planung des Senats für eine neue Spreebrücke ins Visier.
Morbider Ruf als Berlins schönster „Lost Place“
2001 schloss der Park seine Tore, und das Gelände fiel in einen tiefen Schlaf – der immer wieder gestört wurde von Menschen, die den Zaun illegal überwanden und den früheren Vergnügungspark als „Lost Place“ berühmt machten. Fotos vom alten Riesenrad, das sich leer im Wind drehte, von der überwucherten Wildwasserbahn oder dem englischen Dorf aus Sperrholz, das abbrannte, festigten den morbiden Ruf. 2016 übernahm die Grün Berlin das Areal und arbeitet seither daran, es wiederzubeleben. „Ab April 2023 starten wieder die beliebten Führungen sowie die Kunst- und Umweltbildungsworkshops“, teilte das Unternehmen jetzt mit. In der bereits sanierten Mero-Halle werde es darüber hinaus ein Event-Programm mit Akteuren der Kunst- und Kulturszene geben.
Die Bauarbeiten schreiten weiter voran, so Grün Berlin. Im Fokus steht das Alte Eierhäuschen am Südrand des Geländes, das 1892 gebaut wurde und nach seiner Schließung 1991 immer weiter verfiel. Das einstige Ausflugslokal im Landhausstil, das mit Fachwerkelementen und einem Turm prunkt, wird nach seiner Renovierung in diesem Frühjahr als gastronomische Einrichtung wiedereröffnet. „Damit wird der erste Baustein des Spreeparks der Zukunft fertiggestellt“, so die Mitteilung.
Das Eierhäuschen ist bald auch mit dem Schiff erreichbar
Das Gebäude mit der Adresse Kiehnwerderallee 3, an dem der Spreeuferweg vorbeiführt, lässt sich künftig auch per Ausflugsdampfer erreichen. „Die Realisierung des Schiffsanlegers, der künftig zur Anreise zum Spreepark und zum Eierhäuschen genutzt werden kann, wird im ersten Halbjahr 2023 erfolgen“, bestätigte das Landesunternehmen. „Erste Fahrgastschiffe können den neuen Schiffsanleger voraussichtlich ab dem zweiten Quartal anfahren.“

Künftig soll der Spreepark auch aus Richtung Rummelsburg/Karlshorst gut erreichbar sein. Nicht weit vom Eierhäuschen entfernt, ein Stück in Richtung Innenstadt, sieht der Berliner Radverkehrsplan den Bau einer Spreebrücke vor. Sie soll für Fußgänger und Radfahrer eine direkte Verbindung zwischen dem Dammweg auf der Westseite und dem Blockdammweg auf der Ostseite des Flusses schaffen. Die Spreequerung würde Umwege über die Minna-Todenhagen- oder die Elsenbrücke ersparen, die Fahrt mit der Fähre F11 der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) wäre nicht mehr erforderlich. Das Projekt ist Teil des Ergänzungsnetzes des Radverkehrsplans, der Ende 2021 beschlossen wurde.
Der Dammweg erhält in diesem Jahr eine Schrankenanlage
Weitere Verkehrsprojekte im und im Umfeld des Spreeparks sind ebenfalls in Arbeit, so Grün Berlin. Ein Beispiel: „Der am südlichen Rand des Parks gelegene sogenannte Wasserweg, ein Teil der Kiehnwerderallee und der Stichweg zum Eierhäuschen werden auf einer Strecke von rund einem Kilometer neu gebaut“, hieß es. Damit entsteht zwischen dem Treptower und dem Spreepark eine durchgehende Verbindung für Radfahrer und Fußgänger. Für den Europaradweg R1, der in diesem Bereich heute noch auf dem schmalen Uferweg verläuft, gäbe es dann eine alternative Wegeführung.

Für die nächsten Jahre stehen weitere Vorhaben an. So soll der Dammweg mit bis zu vier Ausweichbuchten sowie einem 2,50 Meter breiten Gehweg ausgestattet werden. Die Arbeiten sollen bis zum Frühjahr 2026 abgeschlossen werden, so Grün Berlin. „In diesem Jahr sind Vorabmaßnahmen geplant. So wird eine temporäre Schrankenanlage zur Zufahrtsregulierung eingerichtet, mit dem Ziel, den Kfz-Verkehr auf dem Dammweg und im Landschaftsschutzgebiet Plänterwald zu minimieren.“
Autostellplätze im Umkreis bereits jetzt zu 80 bis 90 Prozent ausgelastet
Dagegen sind nur relativ wenige neue Stellplätze für Autos vorgesehen. „Für mobilitätseingeschränkte Besucher:innen, das Service-Personal, Lieferfahrzeuge und Gäste von Veranstaltungen im Eierhäuschen wird es maximal 100 Pkw-Stellplätze im Spreepark geben, die nach vorheriger Anmeldung genutzt werden können“, hieß es. Sie sollen Ende 2024 fertig sein. Für Fahr- und Lastenräder sind 410 Stellplätze vorgesehen.
Die Verkehrsuntersuchung zum Bebauungsplan geht davon aus, dass gerade mal zehn Prozent der Besucher des künftigen Kunst- und Kulturparks mit dem Auto kommen werden, so der Senat. Trotzdem werde auf den Stellplätzen im Umkreis eine „100%ige Auslastung eintreten“, räumte Mobilitäts-Staatssekretärin Meike Niedbal in ihrer Antwort auf die jüngste Anfrage der Abgeordneten Katalin Gennburg ein. Der Mehrbedarf an Abstellflächen könne in der Neuen Krugallee, der Bulgarischen Straße und den anderen umliegenden Straßen gedeckt werden. Dort befinden sich große Wohnviertel, deren Stellplätze laut Senat bereits jetzt zu 80 bis 90 Prozent ausgelastet sind.
Gennburg findet diese Antwort „bedenklich“. „Der Bezirk plant zwar eine Parkraumbewirtschaftung, doch einen Zeitplan gibt es nicht und das wirft Fragen auf“, so die Linke-Politikerin am Montag. „Die Antwort des Senats zeigt, dass es in diesem Teil des Bezirks Treptow-Köpenick durch die Eröffnung des Spreeparks nochmal deutlich mehr Verkehr geben wird, zusätzlich zu den bereits überlasteten Straßen, dem jetzt schon ausgelasteten Parkraum und den schlechten oder gar nicht vorhandenen Radwegen“, folgerte sie. „Das sogenannte ‚Verkehrskonzept‘, das uns Grün Berlin und die Verwaltung präsentieren, wird den Anforderungen nicht gerecht. Es kann das Verkehrschaos, das auf Plänterwald zukommt, nicht verhindern.“
Mehr Radwege sind nötig – aber dafür fehlen die Kapazitäten
Für den notwendigen Ausbau der Fahrradinfrastruktur fehle ein Zeitplan, wie Niedbal eingestand. Die planerischen Anforderungen seien hoch, das bezirkliche Straßen- und Grünflächenamt sei unzureichend ausgestattet, kommentierte Gennburg. „Dabei bewertet selbst der Senat die Situation für Radfahrer in diesem Bereich als schlecht.“ Die meisten Hauptstraßen hätten keine Radverkehrsanlagen, die existierenden Anlagen entsprächen zum Teil nicht den Standards des Berliner Mobilitätsgesetzes, sagte sie.

Und wie steht es um die neue Spreequerung? „Ob eine dauerhafte Fuß- und Fahrradbrücke im Bereich des Spreeparks sinnvoll und realisierbar ist, kann erst geprüft werden, wenn die städtebaulichen Entwicklungen auf der gegenüberliegenden Spreeseite klarer sind“, entgegnete Grün Berlin. Beobachter verweisen darauf, dass die Kapazitäten in der Senatsverwaltung und den Planungsbüros seit Jahren mehr als ausgelastet sind. Andere Brückenbauvorhaben in Berlin wie der Wiederaufbau der Waisenbrücke in Mitte gelten deshalb auf absehbare Zeit als unrealisierbar.
Auch die Abgeordnete Gennburg zeigte sich skeptisch. „Grundsätzlich wäre es wünschenswert, in diesem Bereich eine Lücke im Radnetz zu schließen“, sagte sie. „Doch wir werden genau beobachten, ob dieses Vorhaben dazu missbraucht wird, als vermeintliche Kompensation für die geplante dichte Bebauung der gegenüberliegenden ‚Spreeküste‘ am Westufer Ausgleichsflächen deklarieren zu können.“ Zudem wäre die Brücke nach den jetzigen Ideen aus Treptow nur umständlich zu erreichen.
Gennburg: „Die Mobilitätswende in Treptow voranzubringen muss Priorität haben – und nicht der Bau einer Luxusbrücke.“
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