Worum es bei einer Fashion Week geht? Um die Mode natürlich – das wäre wohl die einhellige Antwort der meisten Gäste eben dieser Fachveranstaltung. Und doch ist das nur die halbe Wahrheit.
Zwar drehen sich die Gespräche zwischen den Shows der Modewoche, die seit Montag und noch bis Freitag (10. bis 14. Juli) in Berlin läuft, tatsächlich meist um das, was gerade auf dem Laufsteg zu sehen war. Aber genauso oft geht es um das, was die Besucherinnen und Besucher der Berlin Fashion Week selbst tragen, wo sie einen schnellen Happen essen gehen könnten, was sie später am Abend noch vorhaben. Und natürlich: Wo gibt’s den nächsten Schampus?
Je später der Modewochenabend, desto mehr rücken die eigene Selbstverwirklichung und das eigene Vergnügen in den Mittelpunkt. Abends auf den Partys scheinen sich die Hierarchien aufzulösen, es gibt keine festen Regeln, wer in der ersten Reihe sitzt und wer in der letzten Reihe steht, keinen Laufsteg, kein Backstage.
Der Designer oder die Designerin, die sich eben noch auf dem Catwalk ihren Applaus abgeholt hatte, steht nun neben ihren Modenschau-Gästen. Genau wie das Model, das auf eben dieser Show gelaufen war. Und die Fotografen? Die lichten am Abend nicht mehr nur noch die schönen Frauen und Männer auf den Catwalks ab, sondern das gesamte Publikum der Partys.
Erst wenn der Staatssekretär gesprochen hat, darf gegessen werden
Auch der Montag dieser Fashion Week begann mit einer Eröffnungsparty des Fashion Council Germany (FCG), eines Lobbyvereins, der an der Organisation der Modewoche maßgebend beteiligt ist. FCG-Vorstandsvorsitzende Christiane Arp und Staatssekretär Michael Biel halten Reden, gedankt wurde nicht nur den Designerinnen und Designern der Woche, sondern auch Modemessenchefin Anita Tillmann, die sich nach 20 Jahren in der Branche nun zurückziehen will. Nach den schönen Worten wurde im Hotel Telegraphenamt gemeinsam gespeist. Und natürlich getrunken.
Wer noch zur zweiten Eröffnungsparty des Montags wollte, musste sich nach dem Drei-Gänge-Menü (vegetarisch, leichte Küche, wohl aufs Wetter abgestimmt) allerdings recht schnell verabschieden: In der nur wenige Meter entfernt liegenden Georgia Bar war die nächste Sause schon in vollem Gange.

Bernard Koomson, Eigentümer des Partyreihe Deadhype, hatte sich für seine Opening-Party die neue Bar von Frank Künstler als Location ausgesucht, eines Urgesteins des Berliner Nachlebens. Die Georgia Bar ist seit ungefähr einem Jahr in Betrieb, seither kehren Nacht für Nacht viele Szenemenschen in die Räumlichkeiten unter dem S-Bahnbogen ein. Und obwohl die Bar relativ klein ist, wurde es am Montagabend überraschenderweise wenig stickig. Vielleicht hatte aber auch der Tag in der prallen Sonne und unklimatisierten Räumen einfach schon abgehärtet.
Spätestens, wenn Techno aufgelegt wird, singt niemand mehr mit
Die Gäste waren jung, meist in Outfits gekleidet, die durch HipHop-Kultur und 2000er-Looks inspiriert waren; sie haben ausgelassen getanzt und gefeiert, bei dem ein oder anderen aufgelegten Stück gar mitgesungen – bis der Berliner DJ Jewel Juel gegen 1.30 Uhr von Rap zum naturgemäß wortkargen Techno wechselt.
Am Dienstag waren es dann der Fashion Council Germany, das KaDeWe und die Vogue die gemeinsam eingeladen hatten. Ins Kaufhaus am Wittenbergplatz nämlich, zur gemeinschaftlichen Modesause. Die Stimmung war natürlich gediegener, als beim Deadhype-Rave; geladen waren auch viele treue KaDeWe-Kundinnen und -Kunden. Auch der Look war hier ein anderer, die Schuhe höher, die Taschen teurer.

In der legendären sechsten Etage standen auf dem Tresen Schälchen; nicht gleich war zu erkennen, was im Porzellan zum Verspeisen bereitlag (etwa Algensalat mit Erdnüssen). Auch Austern gab es, Surf-und-Turf-Spieße und Champagner. Sehr viel Champagner. Versacken ist trotzdem keine Option – denn die nächste Party steht schon an.
Für die eigentliche Sause geht es runter in den Partykeller
Beim Onlinehändler About You, der in eine Partylocation am Oranienburger Tor geladen hatte, kam nur leider niemand mehr so recht in Schwung. Der Tag war lang und heiß, die drinnen gelegene Tanzfläche wirkte nur wenig einladend. Die meisten Gäste, darunter vor allem Influencerinnen und Influencer, entscheiden sich lieber für den Innenhof, in dem gestanden, geredet – und ja – auch getrunken wurde.
Ähnlich ging es bei der After-Show-Party von SF1OG am nächsten Tag zu: Das junge Berliner Label hatte gemeinsam mit der Schuhfirma Dr. Martens in den Jazz-Club Quasimodo nach Charlottenburg geladen. Rein in den Club wollte allerdings niemand – das Gros der Gäste saß trinkend auf der Terrasse.

Allerdings: Gerade hatten viele Gäste das Glas abgestellt und den Ausgang angepeilt, da kam gerade noch rechtzeitig der Hinweis. Die richtige Party steige unten im Keller, hieß es, das hatten einige Besucherinnen und Besucher fast nicht mitbekommen. Und tatsächlich: Unten wurde getanzt, zu HipHop und zu Techno.















