Am Montag auf der Fashion Week brauchten die Besucherinnen und Besucher starke Nerven. Bei der Präsentation des Designers Lucas Meyer-Leclère nämlich, der seine Modenschau im Kühlhaus auf dem alten Bahnhofsgelände am Gleisdreieck ausrichtete: ein düsterer, niedriger Raum; tiefe Dunkelheit, immer wieder durchbrochen von gleißend hellen Stroboskoplichtern in Blau, Pink und Rot.
Meyer-Leclère, der zumeist mit Vintage-Teilen und historischen Stoffen arbeitet, die er umschneidert und von Hand bemalt, nun aber erstmals auch von Grund auf neu genähte Kleidungsstücke präsentierte, hat ein gutes Händchen bewiesen. Nicht nur mit seiner Kollektion, sondern gerade auch bei der Wahl seiner Show-Location: Das Berliner Disco-Lichtgewitter bildete einen wunderbaren Kontrast zu seinen Entwürfen, die der Anmut Pariser Couture entlehnt sind.
Ohnehin: Die Austragungsorte der Berlin Fashion Week, die seit Montag und bis Freitag läuft, zeigen sich in dieser Saison besonders vielfältig – mal wieder. Schon im vergangenen Jahr hatten die Designerinnen und Designer mit spannenden, auch absurden Locations wie einem ehemaligen DDR-Archiv in Marzahn oder einem türkischen Hochzeitssaal in Kreuzberg überzeugt; selbst eine Modenschau im Roten Rathaus gab es.
Nun, in dieser Saison, legen viele der jungen Marken nach: Am Dienstag ließ das Label Richert Beil seine Models durch eine leer geräumte Aldi-Filiale in der Leibnizstraße wandeln, die als ehemaliger Lebensmittel-Discounter kaum noch zu erkennen war; das aktuell überaus gehypte Label Milk of Lime aus Rheinland-Pfalz wiederum kaperte für seine Show das Zeiss-Großplanetarium in Prenzlauer Berg.
Selbst im Roten Rathaus gab es schon Modenschauen
Hervorragend passte auch die James-Simon-Galerie auf der Museumsinsel zur dort gezeigten Kollektion des renommierten Labels Odeeh, die sich in ihrer vielschichtigen Kombination zahlreicher Texturen und Drucke, Muster und Farben selbst als eine Art eklektische Kunstsammlung präsentierte, in der die unterschiedlichsten Stimmungen und Sujets griffbereit nebeneinanderliegen.
Im Laufe der Woche gibt es unter anderem noch Inszenierungen von Rianna+Nina in der Alten Nationalgalerie, William Fan im Gropiusbau oder des Berliner Labels SF1OG, das seine neue Kollektion im futuristisch anmutenden Ludwig-Erhard-Haus in Charlottenburg präsentieren wird – klassischere Modewochen-Locations wie Kraftwerk oder Kronprinzenpalais werden ohnehin wieder bespielt.

Es ist einer der – tendenziell eher wenigen – Vorteile, die Berlin gegenüber gesetzteren, auch teureren Modestädten wie Mailand und Paris, New York oder London zu bieten hat: Während die wirklich spannenden Locations eher nur von großen Marken mit großen Budgets gebucht werden können, kommen hier auch die kleinen Labels zum Zuge.

Was hatte es in den vergangenen Jahren nicht schon für spannende Modenschau-Locations gegeben: Der Designer William Fan richtete seinen Laufsteg einmal ganz oben auf dem Fernsehturm ein, es gab Präsentationen im Botanischen Garten, in Gotteshäusern wie der Marienkirche, St. Agnes und St. Elisabeth, in einem Baumarkt während des regulären Kundenbetriebs. Und in der Neuen Nationalgalerie, 2013 vom Berliner Label Perret Schaad – satte zehn Jahre bevor das große französische Label Saint Laurent vor wenigen Wochen dort gastierte.









