Im New Yorker Museum of Modern Art steht ihre Nymphe „Daphne“, ihr Berliner Bär wird seit 1951 in Gold und Silber als Auszeichnung bei den Internationalen Filmfestspielen Berlin überreicht. Bei aller Weltläufigkeit war die Bildhauerin Reneé Sintenis (1888–1965) ein Kind der Kleinstadt. Neuruppin im Landkreis Ostprignitz-Ruppin feiert die berühmte Tochter nun mit einer Ausstellung.
Im lichtdurchfluteten Neubau des Museums Neuruppin stehen die frühen Werke um 1914. Kleine Frauenfiguren, sehr naturalistisch, noch eher statisch. Filmaufnahmen zeigen, wie die Bildhauerin die Drähte zu Wesen bog, Wachs mit den Händen darüberstrich und so aus dem Nichts Leben erweckte.
Sintenis’ Arbeiten wurden dann schnell sehr viel dynamischer. Wer die Metallskulpturen betrachtet, bekommt fast den Eindruck, echte Lebewesen vor sich zu haben. Maja Peers, die Direktorin des Museums Neuruppin, beschreibt die Wirkung als „geballte Lebensfreude. Man hat das Gefühl, sie rennen gleich los.“
Nur ein Ausstellungsstück zeigt Trauer, diese Emotion kennt man sonst nicht in Reneé Sintenis’ Arbeiten. Ein Hund sitzt auf den Hinterläufen, Hals und Kopf lang nach oben gezogen, die Schnauze ist geöffnet, fast hört man, wie das Tier bitterlich jault und heult. Der „Klagende Trümmerhund“ entstand im Jahr 1946. Maja Peers sagt: „Die Toten und die Zerstörung beklagend, steht er stellvertretend für die vielen Tiere, die ihre Familien im Zweiten Weltkrieg verloren.“
Die enge Bindung zu Tieren wuchs in Reneé Sintenis schon in ihrer Kindheit in Neuruppin. Mit ihrer Familie lebte sie damals neben einem Pferdestall, später zog man nach Berlin. In einem Brief schrieb sie: „Ich habe immer zu Neu Ruppin die stärksten Heimatgefühle gehabt ... und habe die schönsten Jahre meines Lebens bis zu meinem 15. Lebensjahr dort verbracht.“ Gerade diese Jahre einer ländlichen Existenz im Freien und in Gesellschaft von Tieren aller Art seien die Quellen, aus denen sich ihre künstlerische Betätigung ständig erneuere.
Überraschung der Ausstellung ist eine Tapetenwand mit Rehkitzen, stehend, liegend, laufend, kämpfend, sich kratzend. Die Tapete hat Sintenis 1950 gezeichnet. So zog das Werk der Künstlerin auch in westdeutsche Kinderzimmer ein. Neben Ziegenböcken und Fohlen, Sportlern und Schauspielerinnen bevölkern natürlich jede Menge Bären die Ausstellung. Tapsig und stark zugleich, als Plastik und als Zeichnung.



