Besucher von Gartenschauen bestaunen farbenprächtig bepflanzte Beete, das ist klar. Aber Grabstätten? Ja, in der Tat, auch die. Jüngst war ich in Beelitz, um mir die Landesgartenschau anzuschauen. Und dort beobachtete ich das Phänomen wieder einmal: Junge und Alte standen vor den Muster-Ruhestätten, die mit Blumen wie Eisbegonien und Astern geschmückt waren, bewunderten diese. Und unterhielten sich über die besonders bearbeiteten Grabsteine: eine Sonne, einen Vogel, einen Motorradfender (für verstorbene Biker?).
Wieso reden Menschen so angeregt über Schreckliches? Ich fragte den Schöneberger Bestatter Fabian Lenzen, Obermeister der Bestatter-Innung Berlin-Brandenburg. Warum sind Andachtsgärten mit Mustergräbern immer solch ein Anziehungspunkt?
Menschen brauchen Orte zum Trauern
Alles vorbei, von einem Moment zu anderen – so funktioniere das nicht mit dem Tod und der Trauer, erklärt er mir. „Menschen brauchen Orte, an denen sie ihre Gefühle festmachen können, um sie zu verarbeiten.“ Das lasse sich auch beobachten an Unfallstellen oder vor den Wohnhäusern verstorbener Prominenter, wo Menschen dann Blumen ablegen. An eine festgelegte Stelle gehen zu können, um sich dem Gefühl ganz hinzugeben, erleichtere das Trauern, das ist seine Erfahrung. „Auffindbarkeit spielt eine wichtige Rolle im Prozess.“
Der Trend zum anonymen Grab ohne Namen ist gebrochen, Trauernde haben verstanden, dass ein Abschied ohne etwas zum Festhalten schwierig ist. Fabian Lenzen beobachtet immer wieder, dass auf anonymen Grabflächen eine Rose liegt – dort, wo man den Verstorbenen vermutet. Die Sehnsucht nach Nähe will befriedigt werden. „Angehörige entscheiden sich immer häufiger für Urnengemeinschaften mit und ohne Namensnennung“, berichtet Lenzen. 1990 gab es in Berlin 7087 solcher Bestattungen, seitdem stieg die Zahl stetig auf 13.946 im Jahr 2020.



