Die Deutschen haben kein so fabelhaftes Image in Frankreich: Sie kleiden sich geschmacklos („praktisch“), mischen Wein mit Wasser („Schorle“) und sie wissen absolut nicht, wie man flirtet. In der Serie „Emily in Paris“ etwa (ich gestehe: ich gucke sie wirklich mit Vergnügen) fragt die wunderbar diabolische französische Chefin Sylvie: „Wer wären wir Franzosen ohne das Vergnügen? Wie die Deutschen?“ Zugegeben: Viele Franzosen hassen „Emily in Paris“, eine amerikanische Produktion. Aber an vielen Klischees darin ist doch was dran.
Kürzlich bin ich in Paris am Canal Saint-Denis entlangspaziert. Ein Café dort sah so gemütlich aus, dass ich mich unbedingt setzen und einen Weißwein bestellen musste. Ich war allein, aber hatte ein Buch dabei, den fünften Band aus Prousts „Recherche“. Nachdem der sympathische Kellner freundlich meine Bestellung aufgenommen hatte (inklusive einer in Frankreich natürlich immer kostenlosen Karaffe Leitungswasser, denn es war ein wirklich heißer Tag), wandte er sich der Dame am Nachbartisch zu.
Sie erhalten eine Bestätigung per E-Mail.
Die beiden kamen ins Gespräch: Sie ist Touristin aus Brasilien, er verrät, dass er aus Deutschland kommt. Ich hätte es bei seiner (für mein deutsches Ohr) perfekten französischen Aussprache niemals gedacht. Aber ja: Er lebt schon seit acht (!) Jahren in Paris, verrät er der Brasilianerin. Hier sei das Leben viel entspannter, lebenswerter als in Deutschland. Zurück nach Deutschland, das wolle er keinesfalls. Die Brasilianerin will wissen, wieso, und auch ich werde hellhörig: „Die Deutschen“, meint der Kellner verschmitzt, „halten sich immer stumpf an alle Regeln, einfach weil es Regeln sind.“ Das sei ihm zuwider.


