Rebellion und Trotz bestimmten ihre Bühnenlaufbahn von Anfang an. Als ein Manager der Jugendlichen riet, sich ein wenig moderner und weiblicher zu kleiden, rasierte sich Sinéad O’Connor kurzerhand ihren Schädel kahl. Es war der signifikante Beginn einer von vielen Turbulenzen begleiteten Gesangskarriere. Anders als die betont aggressive Kahlköpfigkeit der britischen Skinhead-Bewegung brachte die Kurzhaarfrisur der Sinéad O’Connor eine Schönheit und Fragilität zum Vorschein, die auf einzigartige Weise mit ihrem Gesangsstil korrespondierte.
Sinéad O’Connor war 23 Jahre alt, als sie mit „Nothing Compares 2 U“, einem Prince-Song, einen Hit landete, der ihre tief empfundene Leidensfähigkeit in alle Welt transportierte. Changierend zwischen jugendlicher Naivität und reifer Ausdrucksstärke verlieh das Stück den beginnenden 90er-Jahren eine emotionale Reichweite, die auch 40 Jahre später noch zu berühren vermag.
Das zerrissene Papstbild
Ihrer ersten Band, Ton Ton Macoute, trat sie mit 17 bei, es war zugleich die Befreiung aus einer schwierigen und von Gewalt geprägten Kindheit. In ihrer Autobiografie „Rememberings“ berichtete Sinéad O’Connor, von ihrer Mutter körperlich misshandelt worden zu sein. Mit 13 sei sie zu ihrem Vater und dessen Lebensgefährtin gezogen, es folgten Ladendiebstähle und die Unterbringung in einem katholischen Heim, das später wegen Vorwürfen sexuellen Missbrauchs in die Schlagzeilen geriet.
Als junger Popstar wurde Sinéad O’Connor zur Aktivistin in eigener Sache. Mindestens so berühmt wie „Nothing Compares 2 U“ wurde ein Auftritt in der legendären „Saturday Night Live Show“ von 1992. Der dauerte zwar nur 20 Sekunden, brachte ihr aber eine anhaltende Woge der Missgunst ein, die später immer wieder aufleben sollte. Zu dem Lied „War“ von Bob Marley hatte sie in der Show ein Foto von Papst Johannes Paul II. zerrissen, um auf diese Weise gegen die Missbrauchsskandale und deren Vertuschung in der katholischen Kirche zu protestieren. Das öffentliche Entsetzen war groß, und mit Zustimmung war zu dieser Zeit nur bedingt zu rechnen. Frank Sinatra nannte Sinéad O’Connor ein „dummes Weib“, und sie konterte mit der Bemerkung, sie hoffe, Sinatra nie begegnen zu müssen. Falls doch, komme sie nicht umhin, einen alten Mann zu schlagen. Immer wieder schien Sinéad O’Connor ihre Verletzlichkeit mit aufmüpfiger Widerständigkeit begegnen zu wollen.
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Als Sinéad O’Connor kurz nach der demonstrativen Zerstörung des Papstbildes neben vielen anderen Branchengrößen bei einem Konzert zum 30-jährigen Bühnenjubiläum ihres Kollegen Bob Dylan auftreten sollte, wurde sie im New Yorker Madison Square Garden mit Pfiffen und Buhrufen empfangen. Zwar hielt sie angriffslustig dagegen und sang erneut Bob Marleys „War“, brach schließlich aber in Tränen aus. Allein auf der Weltbühne – abgelehnt.
Der Country-Star Kris Kristofferson, der das Jubiläumskonzert mit Kollegen wie Willie Nelson, Stevie Wonder, Lou Reed, Eric Clapton und anderen moderierte, nahm sie daraufhin tröstend in den Arm und geleitete sie von der Bühne. Einige Jahre später schrieb Kristofferson einen Song über „Sister Sinead“, die bloß die Wahrheit gesagt habe und abgrundtief falsch verstanden worden sei. Das öffentliche Bild einer labilen, unberechenbaren Künstlerin vermochten auch Kristoffersons Lied sowie ein paar gemeinsame Auftritte nicht zu korrigieren. Was geschehen war, resümierte Sinéad O’Connor erst viel später. „Ich habe den Eindruck“, sagte sie in einem Interview, „dass man als Popstar fast wie in einer Art Gefängnis sitzt. Man muss ein braves Mädchen sein.“
„Ich bin ein bisschen anstrengend“
Zum Bravsein war die in einem Vorort der irischen Hauptstadt Dublin zur Welt gekommenen Sängerin nicht geboren. Sie blieb trotz aller Warmherzigkeit und Sensibilität, die sie mit ihren Liedern verströmte, notorisch unangepasst. 1991 lehnte sie vier Grammy Awards ab, weil diese, so ihre Begründung, nach rein kommerziellen Kriterien vergeben würden. Auf starke Kritik stießen ihre Sympathiebekundungen mit der irischen Terrororganisation IRA. Von ihrem 2003 verkündeten Ausstieg aus der Musikbranche machte sie zwei Jahre später wieder einen Rückzieher. Nachdem sie sich von einem Suizidversuch im Jahre 2012 erholt hatte, ging Sinéad O’Connor wieder auf Tournee, aufgrund psychischer Probleme sagte sie allerdings mehrere Konzerte ab.

















