Es ist nicht ungewöhnlich, dass zwei Plattencover aus derselben Zeit oder gar derselben Saison einander ein wenig ähneln. Auch im Plattencover-Artwork-Business gibt es, wie in der Mode, stets bestimmte Trends, die kommen und gehen, um dann irgendwann zurückzukehren: Bestimmte Schriftarten und Farben und Farbfilter und Grafik-Elemente und Fotografie-Posen sind eben gerade mal angesagt. Und daran orientieren sich dann viele, von den Beatles bis zur Hobby-Band aus Bielefeld.
Aber in diesem Fall sind die Parallelen doch frappierender: Das Cover-Artwork, das die amerikanische Rapperin Doja Cat am 29. August online für ihre kommende Platte „Scarlet“ präsentiert hat, sorgte im Netz für Verwirrung. Einigen kam das Motiv bekannt vor: Ja, bereits im Juli hatte die Leipziger Metal-Band Chaver das Cover für ihre kommende Platte „Of Gloom“ enthüllt. Zu sehen ist darauf dieselbe Spinne in derselben pflaumenartigen Farbgebung. Zumindest wirkt es auf den ersten Blick so.

Wer genauer hinschaut, sieht, dass sich die Winkel der Spinnenbeine und die von ihnen geworfenen Schatten im Detail unterscheiden. Variiert wird auch die Form des Bluttropfens oberhalb der Spinne. Das Motiv auf dem Chaver-Cover ist grobkörniger – und das bei Doja Cat etwas weicher nachpoliert, vermutlich digital. Aber das sind Peanuts! Alles in allem möchte man sagen: Diese Plattencover sind Zwillinge.
Und damit nicht genug: Beide Platten erscheinen am 22. September! Wer hätte gedacht, dass Rap und Metal so viel miteinander gemein haben können, abseits von Bands wie Limp Bizkit, die bereits in den 1990ern im Zuge des Nu-Metal-Movements versucht haben, Metal und Rap zusammenzuweben?
Doch heißt das, dass Doja Cat, die erfolgreiche Grammy-Preisträgerin abgekupfert hat bei den drei Leipzigern, die zwar in Szene-Kreisen seit ihrer Gründung 2016 gefeiert werden für ihre Fusion aus Metal, Hardcore-Punk und Crust, aber letztlich nur träumen können vom kommerziellen Erfolg einer Doja Cat? Bereichert sich die reiche Lady aus L.A. an den Erfindungen einer Ossi-Band? Es wäre (um im Spinnenbild zu bleiben) ein bisschen blutig-eklig.

Die Auflösung ist indes eine andere: Beide Künstler, Doja Cat und Chaver, hatten dieselbe Person für ihre Plattencover beauftragt: Dusta Ray, übrigens nicht aus Leipzig, sondern aus Portland im US-Bundesstaat Oregon. Die Stadt unter allen Städten in den USA, die oft als die berlinischste gilt wegen seiner alternativen Indie-Szenen.
Auf jeden Fall scheint Dusta Ray beiden Auftraggebern ein ähnliches Motiv untergejubelt zu haben. Ob das abgesprochen war? Eigentlich kennt man sich lange: Chaver haben von der ersten Platte an mit Dusta Ray zusammengearbeitet. Trotzdem ist es erstaunlich, dass nun Doja Cat klein beigibt: Sie hat das Cover kurzerhand noch ausgetauscht. Das neue Motiv zeigt zwei Spinnen, die sich anscheinend küssen. Es bleibt eine verworrene Angelegenheit.


