Die Wucht unberechenbarer Bewegungsenergie war einmal ihr Markenzeichen. Und zweifellos mutete es unbedingt verführerisch an, wie Miley Cyrus im Video zu ihrem Song „Wrecking Ball“ aus dem Jahre 2013 auf der Abrissbirne schwang. Im popmusikalischen Überschwang beanspruchte sie mit kraftvoller Stimme und zerstörerischer Geste Platz für Neues. Obwohl das Popbusiness geradezu manisch darauf ausgerichtet ist, erprobte Stile zu zitieren, ist das Neue doch stets bemüht, die Frische des ersten Males zu repräsentieren. Im Fall von Miley Cyrus, die beim Erscheinen von „Wrecking Ball“ gerade 20 Jahre alt war, verblüffte die erstaunliche Routine, mit der sie einzuschlagen gewillt war.
Für echte Fans war das keine Überraschung. Die hatten bereits ein halbes Teenagerleben mit „Hannah Montana“ verbracht, einer zwischen 2006 und 2011 laufenden Fernsehserie, in der Miley Cyrus die 14-jährige Titelheldin spielt, die die Höhen und Tiefen eines Popsternchens durchläuft und dabei der Gefahr ausgesetzt wird, an der Branchensonne zu verglühen.
Sie kleidet sich jetzt anders
Ist Miley Cyrus trotz der harten Schule der Dauerpräsenz nun doch ein wenig müde? In ihrer zu Beginn der Woche veröffentlichten Single „Used To Be Young“ besingt sie – nun ja – Alterungsprozesse. „Ich kleide mich jetzt anders“, heißt es in dem Lied, und wer noch von gestern erzählt, befinde sich längst auf anderen Pfaden. Miley Cyrus deutet an, in eine Reflexionsphase eingetreten zu sein, ohne der wilden Vergangenheit abzuschwören. Es ist noch zu früh für Miley Cyrus, geistige Beweglichkeit zu beschwören, wie Bob Dylan es in „Forever Young“ getan hat. Eher geht es ihr um die Abgeklärtheit erworbener Reife. Sie scheint bereit, sich mit Dingen anzufreunden, die man nicht auslöschen kann, wie Tattoos und Reue. „Left my livin’ fast somewhere in the past“.


