Unter anderen Umständen wäre von kultureller Aneignung die Rede. Deutschland bewirbt sich mit einem Film um den Auslands-Oscar 2025, der weder in Deutschland gedreht wurde noch in Deutschland spielt. Der iranische Regisseur Mohammad Rasoulof hat „Die Saat des heiligen Feigenbaums“ nach seiner Flucht aus dem Iran im Frühjahr in Deutschland produziert. Der Jury von German Films, der Auslandsvertretung des deutschen Films, genügte das als Kriterium. Sie wählt Filme aus, mit denen Deutschland sich für einen Oscar bewirbt
Deutschland ermöglicht einem Ausnahmetalent die Teilnahme an dem Wettbewerb. Rasoulof gewann 2020 den Goldenen Bären auf der Berlinale. Er erhielt Auszeichnungen in Cannes. Rasoulof wird in einem Atemzug mit einer anderen Größe des iranischen Films genannt, Jafar Panahi. Der Regisseur von Filmen wie „Taxi Teheran“ verschwand 2022 im berüchtigten Evin-Gefängnis in Teheran. Er konnte nach sieben Monaten die Anstalt auf Kaution verlassen.
Ein Gericht verurteilt den Regisseur zu Gefängnis
Rasoulof ersparte sich die Haft im Evin-Gefängnis und flüchtete im Mai aus dem Iran. Er war wie Panahi wegen seiner Kritik am Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen Demonstranten während der Proteste 2022 zu einer Haftstrafe verurteilt worden. Sie entzündeten sich nach dem Tod der angeblich nicht züchtig genug verschleierten Jina Mahsa Amini auf einer Polizeiwache.
Rasoulof konnte die Dreharbeiten an „Die Saat des heiligen Feigenbaums“ noch beenden, bevor er floh. Das Material wurde außer Landes geschmuggelt. Seine Filme wurden im Iran nie gezeigt. Doch die iranische Führung lässt im Ausland gefeierten Regisseuren gewisse Freiräume. Die Popularität des iranischen Films schafft Sympathien im Westen. Direkte Kritik, wie von Rasoulof geäußert, überschreitet aber die rote Linie.


