Ein leuchtendes Schild kündigt seit einigen Tagen den Urlaub der Buchhandlung Ludwig Wilde an, ab dem 24. Juli. Harald Kirchner, Mitarbeiter im zwar kleinen, jedoch in großer Fülle mit Büchern bestückten Geschäft in der Kreuzberger Körtestraße, will, dass die Stammkunden vorbereitet sind. Vorher fragen wir: Welche Lektüre empfiehlt er für die Pause und was liest der Buchhändler selber in den Ferien?
Harald Kirchner: Jedem, der es noch nicht gelesen hat, empfehle ich Robert Seethalers „Café ohne Namen“. Das ist eine Zeitreise ins Wien der 60er-Jahre, mit einer klaren, knappen Sprache, die es schafft, ein fotorealistisches Bild zu zeichnen. Man kann sich die Typen alle vorstellen, die in dieses Café hineinkommen, ihre Komödien und Tragödien spielen sich in einem klar bestimmten Zeitraum auf ganz engem Raum ab. Zum Glück hatte ich noch eine Karte für Robert Seethalers Radio-eins-Lesung im Großen Sendesaal bekommen und fand es sympathisch, wie er über die Charaktere in seinem Roman sprach. Er schreibt, wie seine Figuren es verlangen, sagt er, sie haben ihn zu seinem Stil geführt.

Viele Kunden fragen mich nach Krimis, deshalb muss ich mich manchmal zwingen, welche zu lesen, ich bin da nicht so der Experte. Aber der Roman „Der Taucher“ von Mathijs Deen, einem niederländischen Autor, hat mich gar keine Überwindung gekostet. Das ist der zweite Teil einer Reihe, im Mare-Verlag erschienen. Schon der erste Teil „Der Holländer“ hat mich überzeugt. Sein Kommissar Liewe Cupido, dessen Familie halb deutsch, halb niederländisch ist, ermittelt langsam, sehr überlegt. Und so bekommen wir solide Krimi-Unterhaltung, elegant erzählt.


