13. Berlin Biennale

Was hinter der Verschiebung der 13. Berlin Biennale stecken könnte

Hat die irritierende Verschiebung der 13. Berlin Biennale auf 2025 in Wahrheit einen heiklen Grund? Mögliche Skandale lauern auch in globalen Kunstprojekten.

Seit 1996 aller zwei Jahre ein unverzichtbarer Berliner Kunstmagnet für die ganze Welt: Biennale-Flair in den KW Auguststraße.
Seit 1996 aller zwei Jahre ein unverzichtbarer Berliner Kunstmagnet für die ganze Welt: Biennale-Flair in den KW Auguststraße.Britta Pedersen/dpa

Ziemlich verdattert nahm Berlins Kunstszene am 16. Juni zur Kenntnis, dass die für 2024 geplante 13. Berlin Biennale auf 2025 verschoben wird. Die offiziellen Gründe dafür klangen so pragmatisch wie fadenscheinig: „Pandemiebedingte organisatorische Verzögerungen“ wurden angeführt, vor allem aber die „Vermeidung eines ‚Biennale-Superkunstjahres‘ 2024“. Die gleichfalls der Pandemie geschuldeten Verschiebungen anderer internationaler Biennalen auf das Jahr 2024 würden einen Ressourcenwettbewerb auslösen.

Doch gerade die erfolgreiche Berlin Biennale im letzten Pandemiejahr 2022 hatte enorme Konkurrenz: die 59. Kunstbiennale Venedig, die skandalträchtige Documenta 15, die Manifesta. Also dürfen wir zu Recht vermuten, dass was anderes dahintersteckt? Ein – wie das Gerücht besagt – veritables Fiasko mit der Kuratorenbesetzung?

Noch war nichts bekannt über die Leitung der 13. Berlin Biennale. Die Auswahl ist diffizil und daher obligatorisch nicht öffentlich. Aber „durchgestochen“ wird ja immer etwas. In diesem Falle geht es um den jungen Kandidaten Abhijan Toto aus Kalkutta. Wie die Chefredakteurin Elke Buhr vom Kunstmagazin Monopol recherchierte, konnte Toto zwar auf keine markante Großausstellung verweisen, jedoch arbeitete er zusammen mit der Gruppe „The Forest Curriculum“, die sich als „plattformübergreifendes Projekt für Forschung und gemeinsames Lernen rund um die Naturkulturen der bewaldeten Gürtel in Süd- und Südostasien“ ausweist. Heute ein Kernthema im internationalen Kunstbetrieb, vielversprechend für die Berlin Biennale.

Keine Berlin Biennale-Karriere: Abhijan Toto, alias Gupta
Keine Berlin Biennale-Karriere: Abhijan Toto, alias GuptaInstagram/Abhijan Toto

Abhijan Toto war bereits 2021/22 in der Berliner Schau „Nation, Narration, Narcosis“ im Hamburger Bahnhof präsent, mit seinem Beitrag für die Gruppe „The Forest Curriculum“. Die Szene lernte ihn auch als schillernden Kunst-Influencer kennen. Er und seine Gruppe waren, wie Insider Monopol bestätigten, als Kuratoren der 13. Berlin Biennale in der Auswahl. 

In Zeiten von Social Media freilich wird auch das „Nichtöffentliche“ öffentlich. Auf dem Instagram-Kanal des aus Indien stammenden queeren Kollektivs Party Office (Teilnehmer der Documenta 15) wird von einer Vergewaltigung berichtet, die Abhijan Toto begangen haben soll, der damals noch Gupta hieß. Das war 2017. Demnach hat der Mann nach einer Konferenz an der Universität Mumbai einen Studenten vergewaltigt und verletzt. Gupta wurde aber nicht verurteilt, es gab nur ein universitätsinternes Verfahren, das ein lebenslanges Campus-Verbot verhängte. Gupta hat sich via Instagram entschuldigt und beteuert, den Vorfall öffentlich diskutiert zu haben. Er nennt sich seitdem Toto, baute weiter an seiner Rolle im Kunstbetrieb. Auch im ahnungslosen Berlin.

Die Gruppe Party Office weist zudem auf die Machtkonstellation hin. Gupta alias Toto gehört einer hohen, einflussreichen Kaste in Indien an. Er konnte straflos weiter privilegiert arbeiten. Auch sei die Gruppe „The Forest Curriculum“ mehrfach von Kollektiven aus Indiens Nordosten dafür kritisiert worden, dass sie, selbst mit privilegiertem Hintergrund, von der Arbeit Indigener profitiere. Inwieweit hier der Konkurrenzkampf diverser Künstlergruppen hineinspielt, ist nicht einzuschätzen. Monopol legt den Finger in die Wunde: „Welche Kontexte übersieht man, welches Wissen fehlt einem, bei aller Euphorie über globalen Austausch? Gerät die Balance zwischen Professionalität und Erfahrung und, man muss es wohl so nennen, Identitätspolitik ins Rutschen?“

Das Büro der Berlin-Biennale steht unter Druck, aber der drohende Skandal ist abgewendet. Kein Wort zur Person Toto/Gupta. Man begründet nochmals die Verschiebung auf 2025 und teilt mit, am 4. Juli werde die Entscheidung für die kuratorische Leitung öffentlich.