Der dunkelste Moment meiner ansonsten lichten Kindheitsferien kehrte leider alljährlich wieder: der Abschied vom Ferienlager. Drei Wochen dauerte ein Durchgang, wir waren 40 Kinder zwischen acht und 13 Jahren, Jungs und Mädchen, wir schliefen in zwei größeren Räumen in einem Bauernhaus, aßen zusammen, wanderten wider Willen, badeten umso lieber, hörten, was der Förster und die Märchentante sprachen, die wir jedes Jahr besuchten, feierten Kostüm- und Neptunfest, saßen am Lagerfeuer, trugen Tischtennisturniere aus, tanzten bei der Disko. So viel zu den offiziellen Höhepunkten, nun zum Geheimprotokoll.
Nachts blieben wir so lange wie möglich wach, länger jedenfalls als die mitreisenden Erwachsenen, schlichen dann durchs Haus, das in der Dunkelheit seltsamerweise doppelt so groß war und anders roch. Ziel war das Mädchenzimmer, wo ein jeder seine Liebe des Lebens oder dieses Sommers besuchen wollte, vielleicht mit ihr im Bett liegen durfte, um ein paar Küsschen zu tauschen und zu gucken, was man sich so traute. Kalte Füße, heiße Herzen. Süße auf den Lippen, Säure im Magen.


