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„The Beanie Bubble“ bei AppleTV+: Vom Stofftier zum Spekulationsobjekt

Eine universale Geschichte über kapitalistische Funktionsweisen und toxischen Geniekult: „The Beanie Bubble“ erzählt vom erstaunlichen Erfolg von „Ty Inc.“. Die Kritik.

Zach Galifianakis in „The Beanie Bubble“, ab 28. Juli 2023 auf
Zach Galifianakis in „The Beanie Bubble“, ab 28. Juli 2023 aufApple TV+

Sie sind auffallend klein, gern kunterbunt und mit weniger Kunststoffgranulat gefüllt als andere Kuscheltiere. Wenn es nach dem Erfinder der „Beanie Babys“ geht, machte sie genau das bei Kindern so beliebt: Durch ihre Kompaktheit passten sie in Schultaschen, es gab sie in aufregender Vielfalt zu kaufen und durch den geringeren Anteil an Füllmaterial waren sie besonders beweglich.

Tatsächlich scheint jedoch weniger die angebliche Innovation hinter dem Produkt seinen enormen Erfolg bewirkt zu haben als eine schlaue, neuartige Vermarktungsstrategie. Ohnehin waren es vor allem erwachsene Käufer, die einen regelrechten Hype um die Stofftiere von „Ty Inc.“, die 1993 erstmals auf den Markt gebracht wurden, auslösten.

Mehr als das: Im Laufe des Jahrzehnts avancierten sie sogar zum Spekulationsobjekt, das auf dem Sekundärmarkt teils das Hundertfache des ursprünglichen Kaufpreises von im Schnitt fünf Dollar erzielte. Zumindest, bis diese Spielzeugblase vor der Jahrtausendwende platzte. Die „Beanie Babys“ wurden dadurch vor allem in den USA zu einem skurrilen Kulturphänomen.

Die Drehbuchautorin ist die Tochter des ehemaligen Vizepräsidenten Al Gore

Dass die Dramedy „The Beanie Bubble“ auch für ein Publikum außerhalb des Landes unterhaltsam ist, liegt vor allem daran, dass die Drehbuchautorin Kristin Gore (Tochter des ehemaligen amerikanischen Vizepräsidenten Al Gore), die gemeinsam mit ihrem Ehemann Damian Kulash (Sänger der Band OK Go) auch Regie führte, eine universale Geschichte über kapitalistische Funktionsweisen und toxischen Geniekult erzählt.

Was den Film, der auf einem Sachbuch von Zac Bissonnette basiert, von vergleichbaren Produktionen über den rasanten Aufstieg und Fall von großen Unternehmen und ihren Gründern (wie „The Dropout“, „WeCrashed“ oder „BlackBerry“) unterscheidet, ist der erfrischende Perspektivwechsel. So wird vor allem durch die Augen dreier Frauen, die maßgeblich für den Höhenflug des Herstellers verantwortlich waren, von den Geschehnissen und dem exzentrischen Gründer Ty Warner (Zach Galifianakis) erzählt.

Mit zahlreichen Zeitsprüngen zwischen den 80er- und 90er-Jahren werden ihre unterschiedlichen Erlebnisse miteinander verwoben. Die Erste, die in einem trostlosen Wohnblock in Chicago auf Warner trifft, ist Robbie Jones (Elizabeth Banks). Selber in einem tristen Leben als Mechanikerin gefangen, lässt sie sich auf die waghalsige Idee ein, gemeinsam ein Unternehmen zu gründen, und erweist sich auf Spielzeugmessen schnell als geborene Verkäuferin.

Der Film räumt mit dem Mythos auf, wirtschaftlicher Erfolg gehe auf einen Einzelnen zurück

Warner wiederum, Narzisst und ewiges Kind, ist ohne tatkräftige Unterstützung zwar aufgeschmissen, setzt jedoch alles daran, alleiniger Profiteur des Erfolges zu sein. Später wird die alleinerziehende Mutter Sheila Harper (Sarah Snook) zur zweiten wichtigen Stütze, hinzu kommen ihre beiden Töchter, die als eigentliche Erfinderinnen der „Beanie Babys“ dargestellt werden.

Am spannendsten aber sind jene Handlungsstränge, die sich auf Maya (Geraldine Viswanathan) konzentrieren. Mit 17 Jahre fängt sie als Praktikantin im Unternehmen an, wird aber mit ihrer Idee zur künstlichen Verknappung der „Beanie Babys“ und einer geradezu pionierhaften Marketing-Strategie als der eigentliche brillante Kopf inszeniert.

So war „Ty Inc.“ das erste Unternehmen, das – unter der Federführung Lina Trivedis, auf die die Figur der Maya  zurückgeht – eine Kundenwebsite einrichtete und das Potenzial der Wertsteigerung eines Produktes auf der damals neu gegründeten Auktionsplattform Ebay erkannte.

Letztlich ist „The Beanie Bubble“ nicht nur ein humorvoller, mitreißender Film, der mit dem Mythos aufräumt, dass wirtschaftlicher Erfolg auf den Glanz eines Einzelnen zurückgeht, sondern auch eine Erzählung über den oftmals übergangenen Einfluss von Frauen in der Unternehmenswelt.

The Beanie Bubble. Komödie. Ab 28. Juli auf Apple TV+

4 von 5 Punkten