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Sternenkribbeln mit Aliens der Woche: „Star Trek: Strange New Worlds“ ist richtig, richtig gut

Das Raumschiff Enterprise ist wieder da. Anders als zuletzt bei „Discovery“ und „Picard“ geht das Schicksal dieser Crew hart ans Herz.

Uhura (Celia Rose Gooding) und Spock (Ethan Peck) in „Star Trek: Strange New Worlds“
Uhura (Celia Rose Gooding) und Spock (Ethan Peck) in „Star Trek: Strange New Worlds“Paramount+

„Star Trek“ steckt seit einer Weile schon im Sternenschlamassel: Denn anders als „Star Wars“, das immer auch ein großes Publikum jenseits der Hardcore-Fans erreichte, war und ist das nerdigere, weniger märchenhafte „Star Trek“ sehr auf seine Fans, die Trekkies, angewiesen. Und viele davon fremdeln mit dem Franchise, spätestens seit 2009 Stephen-Spielberg-Protegé J.J. Abrams die Kontrolle über die „Star Trek“-Kinofilme erhielt: Zwar sind hier die Dialoge witzig und die Optik ist cool: Doch trotz der legendären Figuren im Cast (Kirk, Spock, Uhura und Co) fühlt sich dieses „Star Trek“ für viele eher nach Fake-Trek an.

Serienerfinder Gene Roddenberry, ein Kriegsveteran, erträumte in der ersten „Star Trek“-Serie „Raumschiff Enterprise“ (1966–1969) mitten im Kalten Krieg und zur Zeit der Rassentrennung in den USA eine Zukunft, in der Russen, Japaner und Amerikaner, ganz gleich welcher Hautfarbe, gemeinsam im Kosmos friedlich neue Welten erkunden. Das Mittel der Wahl: Diplomatie. Im neueren „Star Trek“ hingegen (auch in der eigentlich so wunderbar divers besetzten Serie „Star Trek: Discovery“, die seit 2017 läuft) wird so viel mit Strahlenkanonen geballert und ultrahektisch in Zukunft und Vergangenheit gezeitmaschint, dass man gar nicht mehr weiß, wie oft das Universum gerade noch gerettet werden müsste – und ob man es nicht lieber einfach bleiben ließe angesichts der überwältigenden Masse an Konflikten.

Die Tatsache, dass Schlachtabfall-Fetischist Quentin Tarantino schon seit ein paar Jährchen damit liebäugelt (man könnte auch sagen: droht), einen neuen, mutmaßlich superblutigen „Star Trek“-Kinofilm zu drehen, tut ihr Übriges, den Glauben an die Zukunft von „Trek“ zu verlieren. Doch Trekkies sind von Haus aus Optimisten. Und sie haben Recht behalten: Die neueste, bereits elfte Star-Trek-Serie ist ein Glanzlicht. „Strange New Worlds“ heißt sie und kehrt in vielerlei Hinsicht zurück zu den Wurzeln von „Star Trek“: Sie ist ein Prequel zum Original, spielt ebenfalls auf dem Raumschiff Enterprise, und auch Kirk ist schon da, allerdings noch nicht als Captain.

Das Kommando hält Christopher Pike, gespielt von Anson Mount, ein Schmankerl für Longtime-Fans, denn Pike war auch der eigentliche Original-Captain der Enterprise, wie Roddenberry sie sich einst vorstellte im 1965 fertig abgedrehten Pilotfilm „Der Käfig“. Doch der wurde seinerzeit vom Sender als zu verkopft abgelehnt und erst 23 Jahre später ausgestrahlt. Auf Drängen des Senders wurde Pike gegen Kirk ausgetauscht. Einzig die Figur von Spock blieb der Serie aus dem ursprünglichen Pilotfilm erhalten. 

Nun also die Wiederkehr von Captain Pike in „Strange New Worlds“. Auch in „Discovery“ war er in der zweiten Staffel bereits eine  Nebenfigur, sehr zur Freude der Fans. Nun aber: Hauptrolle. Auch andere alte Bekannte sind wieder mit an Bord, von Spock und Uhura bis zu Krankenschwester Chapel. Wer bei Discovery regelmäßig Schnappatmung bekam, muss sich keine Sorgen machen: Das Erzähltempo ist hier im besten Sinne entspannt. Und auch das ist wie früher: Jede der zehn Folgen aus der ersten Staffel steht für sich, so wie in den frühen „Star Trek“-Serien. Wer „The Next Generation“ (1987–1994) mit Captain Picard mochte, wird auch an der neuen Serie Gefallen finden.

Auch Captain Pike und seine Crew retten so manchen Planeten, aber (und das wird schon in den ersten Episoden klar) sie tun dies mit Sensibilität und Einfühlungsvermögen, nicht mit Bomben-Bummbumm. Waren viele Charaktere in „Discovery“ und leider auch in „Picard“ (in das die Fans große Hoffnungen setzten) oft nur farblose Plot-Erfüllungsgehilfen, so gelingt es dem Drehbuch-Team von „Strange New Worlds“ schon in wenigen Folgen, mit liebenswerten Details unser Herz für diese Menschen (und Aliens!) zu öffnen. Mit diesen Leuten will man gern abhängen auf dem Sternenschiff. Zumal, wenn man eingeladen ist zu den Abendessen, bei denen der Captain persönlich kocht. Und wenn die Hütte, pardon, das Universum mal wieder brennen sollte, dann hätte man allerbeste Gründe, auf seine Rettung zu hoffen.

Wertung: 5 von 5 Punkten

Star Trek: Strange New Worlds. 10 Episoden à ca. 50 Minuten in Staffel 1, Paramount+