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„Loving Her“ in der ZDF-Mediathek: Lebenschaos auf lesbisch

Einen Plan hat Hanna immer noch nicht, aber gerade das macht die zweite Staffel um die lesbische Berlinerin so charmant. Funktioniert ganz ohne Vorkenntnisse.

Isabel (<a href="https://www.crew-united.com/de/Annick-Duran-Kandzior_695836.html">Annick Durán Kandzior</a>, l.) und Hanna (Banafshe Hourmazdi) in der ZDF-Serie „Loving Her“
Isabel (Annick Durán Kandzior, l.) und Hanna (Banafshe Hourmazdi) in der ZDF-Serie „Loving Her“Marcus Glahn/ZDF

Hanna (Banafshe Hourmazdi) hat keine Ahnung, immer noch nicht. Auch nach fünf Jahren in der Hauptstadt gehört sie zu jenen Menschen, denen die Dinge in ihrem Leben einfach irgendwie passieren. So befasst sie sich hauptsächlich mit dem, was ihr gerade zufliegt. Und das sind meistens Frauen, immer noch.

„Ein abgeschlossenes Studium, 600 Euro Kaltmiete – und zwölf gescheiterte Situationships“, lautet die Bilanz, die die mittlerweile 28-Jährige zu Beginn der zweiten Staffel der ZDF-Serie „Loving Her“ zieht. Glücklicherweise driften die neuen Folgen, die übrigens auch ohne jedes Vorwissen funktionieren, allerdings nicht erneut in ein zielloses Dating-Chaos ab.

Zumindest ein Stück weit ist Hanna nämlich doch erwachsener geworden – und mit ihr das Drehbuch der Headwriterin Marlene Melchior („Making Unorthodox“). Das wendet sich nun verstärkt dem queeren Kosmos zu, anstatt allein um seine planlose Protagonistin zu kreisen, und besticht dabei mit einer einnehmend ironischen Haltung gegenüber so manchem Zeitgeistphänomen.

So taucht die Serie etwa in den Redaktionsalltag eines fiktiven Szenemagazins mit dem vielsagenden Titel „Spice“ ein, das nach seinem Selbstverständnis nicht nur überaus spannende Storys erzählt, sondern auch total relevant und verdammt en vogue ist. Tatsächlich ist das Medium ein Paradebeispiel für oberflächlichen Bullshit-Journalismus, der sich zuerst für clickable content interessiert.

Loving Her in der ZDF-Mediathek: Tolle neue Charaktere

Hanna muss sich als Volontärin gegenüber ihrem „Influencer-Boss“ (Max Schimmelpfennig) behaupten, der es mit journalistischen Standards nicht sehr genau nimmt, solange die Schlagzeile stimmt – und sowieso am meisten mit sich und seiner Karriere beschäftigt ist. Dass sie dabei erneut unverhofft auf die Liebe stößt, versteht sich nach den bisherigen Ereignissen beinahe von selbst.

Diesmal ist es Isabel (Annick Durán Kandzior), der Hanna verfällt. Auch im Erzählen über ihre Beziehung spielt „Loving Her“ gekonnt mit Klischees, in diesem Fall mit lesbischen: Natürlich betreibt Isabel einen veganen Catering-Service, selbstredend möchte Hanna, dass ihr neuer love interest sofort bei ihr einzieht.

Obwohl die sechs von Eline Gehring inszenierten Folgen oftmals nicht länger als 15 Minuten dauern, gelingt es dem ZDF-Instant-Format in seiner Fortsetzung, bei allem Witz auch eine emotionale Nähe zu den Figuren zu erzeugen. Das ist zuerst den neuen Charakteren zu verdanken.

Allen voran der schelmischen Seniorin Miriam (Robin Gooch), die Hanna im Rahmen eines queeren Nachbarschaftsprojektes regelmäßig besucht. Durch sie wird das Geschehen nicht nur in rührende Weisheiten gerahmt; ohne forciert zu wirken, widmet sich „Loving Her“ so auch dem sehr selten thematisierten Lesbischsein im Alter.

Daran, dass Hanna oftmals eher passive Zuschauerin denn entschlossene Protagonistin in ihrem eigenen Leben ist, hat sich allerdings nichts geändert. Gerade die dadurch entstehenden Turbulenzen, zu denen etwa ein Ausrutscher mit einer aufdringlichen Star-Verlegerin (Karin Hanczewski) oder ein kurioser Ausflug in das Yoni-Yoga-Camp einer abgedrehten Ex-Freundin (Emma Drogunova) gehören, machen die Serie nicht nur kurzweilig, sondern auch überaus charmant.

Loving Her. Serie, Staffel 2, 6 Folgen, ZDF-Mediathek