Auch Journalisten benehmen sich gelegentlich daneben. Beispiel gefällig? Es ist durchaus gang und gäbe, dass auf der Berlinale viele Journalisten frühzeitig die Filme verlassen. Insbesondere bei den Vorführungen speziell für die Presse. Wieso das? Übertreiben die Journalisten es so sehr mit den Partys und sind tagsüber völlig erledigt?
Nun, zur Ehrenrettung ließe sich sagen: Viele Journalisten gucken auf der Berlinale drei, vier oder sogar fünf Filme pro Tag. Profi-Binge-Watching. Schon legitim, dass man erst mal in möglichst vieles reinguckt und dann notfalls abbricht und nicht drüber schreibt.
Insgesamt aber ist es wieder gefährlicher geworden, Filme vorzeitig abzubrechen. Denn: Die Last-minute-Twists der Jahrtausendwende sind zurück. Ein Schlüsselfilm damals war Night Shyamalans „The Sixth Sense“ von 1999. Kurz vor Ende erfuhren wir: Bruce Willis ist in Wirklichkeit ein toter Geist, nur Haley Joel Osment konnte ihn die ganze Zeit sehen. Zuvor wurden wir Zuschauer anderthalb Stunden lang an der Nase herumgeführt. Angeber-Fachwort: unzuverlässiges Erzählen.
„Another End“ auf der Berlinale: Nur ein Beispiel für die Rückkehr der Twists
Diese Art Last-minute-Twists sind wieder angesagt. Im Berlinale-Wettbewerb etwa im Sci-Fi-Drama „Another End“ mit Gael García Bernal. Aber auch in anderen prominenten Filmen der letzten Wochen, von „Saltburn“ über „Enemy“ bis zu „All Of Us Strangers“. Beim gehobenen Berlinale-Party-Small-Talk habe ich gemerkt: Diese Art Enden polarisieren unheimlich. Manche Menschen fühlen sich durch solche Twists verschaukelt. „Haha, reingelegt“, scheinen solche Drehbücher uns am Ende zu sagen. Mein lieber Freund A. hat sich über das Ende von „Another End“ dermaßen aufgeregt, dass es für seinen Blutdruck vermutlich besser gewesen wäre, er hätte den finalen Twist verpasst.
Ausnahme: Beim wirklich grandiosen Drama „All Of Us Strangers“ wurde der Last-minute Twist in meinem Umfeld mehrheitlich für gut befunden. Dabei haut gerade dieser wirklich in die Magengrube. Ist aber auch stimmig mit dem Kern der Story. Und insofern auch kein plumper Drehbuch-Taschenspieler-Trick. Aber: Moden kommen und gehen. Sicher sind die angesagten Twists bald wieder, dass es (Überraschung!) doch keinen Twist gibt, haha, reingelegt.
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