So richtig kann die Berlinale nichts dafür. Als Festivalort kann Berlin halt nicht mithalten mit Venedig und seinem Lido, mit Cannes und der Croisette. Die Berlinale hat keine Sicht aufs Mittelmeer, sondern nur den Potsdamer Platz. Ach, und den Februar.
Immerhin ist die Alte Potsdamer Straße rechtzeitig fertig geworden. Vor zwei Wochen sah es noch so aus, als müssten die Besucher der Weltpremieren im Berlinale Palast sich an einem Bauzaun vorbeiquetschen. Aber nun haben sie es geschafft, sogar die beiden Dixieklos wegzuräumen, die da bis zuletzt noch rumstanden. In Berlin ist das ja alles andere als selbstverständlich. Nun ist die Alte Potsdamer eine hell gepflasterte Fußgängerzone mit Bänken, lange Ovale, die U-Booten gleichen. Zu beiden Seiten seelenlose Systemgastronomie: Pizza Hut, Five Guys, Brammibal’s Donuts.

Der Boulevard der Stars am Potsdamer Platz ist heruntergekommen
Auf der Linie S1 wird allerdings noch gebaut. Erst am Sonnabend soll man mit ihr den Potsdamer Platz wieder erreichen können. Vor dem S- und U-Bahnhof stehen sechs Segmente der Berliner Mauer und erinnern an die Geschichte Berlins und dieses Platzes, der einst von der Mauer umgeben war. Kaum ein Tourist, der hier nicht stehen bleibt, die Infotafeln studiert, Fotos macht. Die internationalen Berlinale-Besucher werde es nicht anders machen. Nur, dass die symbolträchtigen Teile über und über von Kaugummis in unterschiedlichsten Stadien der Verwesung bedeckt sind.

Wenn man vom Bahnhof Richtung Berlinale-Palast geht, überquert man den Boulevard der Stars im Mittelbereich der Potsdamer Straße. Anlässlich der Berlinale 2010 wurde er eröffnet, der Walk of Fame in Los Angeles war Vorbild, nur dass man sich auf Filmschaffende aus Deutschland konzentriert hat: Romy Schneider, Götz George, Marlene Dietrich. Die Zeichen standen auf Glamour, das ist lange her.
Der rot gefärbte Asphalt ist schmuddelig und weist tiefe Risse auf, Sterne fehlen, bei den Apparaturen, durch die man die Stars als Hologramm sehen können soll, sind die Gucklöcher mit Graffiti verschmiert. Seit 2016 wurde bei diesem Denkmal, das doch ein wachsendes sein sollte, kein Stern mehr vergeben. Ach Berlin, du kannst so schäbig sein.
Sie erhalten eine Bestätigung per E-Mail.


