Filmfestival

Koks, Porno, Leichen und Feel Good: Das Queerfilmfestival beginnt

19 queere Film-Highlights aus Cannes, Locarno und Co. kommen gebündelt nach Berlin – aber auch nach Brandenburg und Sachsen.

Link (Phillip Lewitski) und Pasmay (Joshua Odjick) in „Wildhood“
Link (Phillip Lewitski) und Pasmay (Joshua Odjick) in „Wildhood“Salzgeber

In Köln wird eifrig gekokst, Gin Tonic gebechert und bei Lufthansa angerufen, um verschwenderische Kurzstreckenflugtickets erster Klasse nach Zürich oder Frankfurt zu buchen – zumindest wenn man zu Hause ist bei Peter von Kant, dem berühmten, aber nicht mehr sonderlich gefragten Filmregisseur; der seine charmanten und tyrannischen Momente hat, die bei steigendem Gin-Tonic-Level in der Blutbahn immer rascher ineinander überkippen, hin und her, bis zur Eskalation.

Wer dabei an Rainer Werner Fassbinder denkt, hat freilich gleich doppelt recht: Zum einen sind diese Szenen aus François Ozons jüngstem Spielfilm „Peter von Kant“ eine überdeutliche Hommage an Fassbinders „Die bitteren Tränen der Petra von Kant“ von 1972; zum anderen hat Fassbinder ja auch tatsächlich in seine filmischen Frauenfiguren (und so auch in Petra von Kant) hassgeliebte Eigenschaften von sich selbst einfließen lassen.

Zart in Szene gesetzt

Ob das bei François Ozon wohl auch so ist? Man wird es ihn bald fragen können, denn er reist an nach Berlin, um seinen Film zu präsentieren. Ob er das auch mit einem Koks-Kurzstreckenflug erster Klasse tut, war bis zum Redaktionsschluss nicht ermittelbar. In jedem Fall läuft „Peter von Kant“ am Donnerstag, dem 8. September beim Eröffnungsabend des Queerfilmfestivals, das nun schon zum vierten Jahr in Folge angetreten ist, die besten queeren Filme des Jahres auf die Leinwände zu bringen. 19 Titel sind es in diesem Jahr – zu sehen, natürlich in Berlin, aber eben auch in einem Dutzend weiterer Städte, etwa Halle in Sachsen-Anhalt und Fürstenwalde in Brandenburg. Dort, wo sonst das Jahr über vielleicht nicht der queere Bär steppt.

„Peter von Kant“ war zwar auch schon Eröffnungsfilm der vergangenen Berlinale; aber wer nicht gerade George Clooney heißt, dessen Chancen stehen ja eher gering, auf der Berlinale die Toptitel zu sehen, so schnell sind die Karten meist weg. Zudem ist es eben gerade Konzept des Queerfilmfestivals, die queeren Highlights der großen Festivals (von Cannes bis Locarno) zu zeigen. Wer nur Zeit für einen Film hat, dem sei besonders der kanadische „Wildhood“ empfohlen; ein zart in Szene gesetzter Selbstfindungs-Roadmovie um Link (Phillip Lewitski) und Pasmay (Joshua Odjick), die beide indigene Vorfahren haben.

Arabisches Experimental-Musical

Mit einem Glücksgefühl geht man auch aus den Coming-of-Age-Filmen „Sweetheart“ (mit zwei Mädchen in einem Feriendorf) und „Sublime“ (mit zwei Jungs, die beste Freunde, Bandkumpels und vielleicht mehr sind). Es gibt aber auch Porno („L.A. Plays Itself“), Öko-Sci-Fi („Irrlicht“) und Leichen („Wet Sand“). Empfohlen sei auch das arabische Experimental-Musical „Soll ich dich einem Sommertag vergleichen?“ des Berliner Regisseurs Mohammad Shawky Hassan. Mit wie viel Koks oder Gin Tonic, muss dann jeder selbst wissen.

Queerfilmfestival, 8. bis 14.9., im Delphi Lux und Delphi Filmpalast