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„Hijack“ mit Idris Elba: Diese Serie nimmt den Zuschauer als Geisel

Die Streaming-Serie erzählt eine Flugzeugentführung in Echtzeit. Idris Elba spielt eines der Entführungsopfer, einen Mann mit Nerven. Auch der Zuschauer fühlt sich regelrecht gefangen genommen.

Wer ihm blöd kommt, ist an den Falschen geraten: Idris Elba in „HIjack“
Wer ihm blöd kommt, ist an den Falschen geraten: Idris Elba in „HIjack“Apple TV+

You wish!, möchte man dem Captain zurufen, als er mit sonorer Stimme und gefälligem Oxford-English bekundet: „I wish you a safe and pleasant flight.“ Aber da ist der Flug Kingdom 29 schon aufgestiegen, voll besetzt, es geht von Dubai nach London Heathrow. Natürlich wird der Flug weder sicher noch erquicklich. Kingdom 29 fliegt direkt ins Herz der menschlichen Finsternis.

Etwa dort ist der Passagier Sam Nelson gewissermaßen zu Hause: ein Mann für alle Fälle und gewiefter Verhandlungsprofi, der immer dann gebucht wird, wenn die ganz großen, womöglich auch nicht immer sauberen Deals eingetütet werden sollen und es irgendwo hakt. Verfahrene Situationen sind also Sam Nelsons Geschäft, und weil er dann auch noch so aussieht wie Idris Elba, ist bald klar: Wer dem Mann in den nächsten sechs Stunden und 54 Minuten blöd kommt, ist an den Falschen geraten.

Genauso lange dauert, verteilt auf sieben Folgen, dieser Albtraum von einer Fernsehserie, in der in Echtzeit eine Flugzeugentführung inszeniert wird.   Es geht um Klaustrophobie, um Konfusion, um Platzangst und Panik, und der Zuschauer ist mittendrin, um nicht zu sagen: Selten war man so gefangen in einer TV-Serie. Mit Handkameras in engsten Verhältnissen haben die Macher hier wirklich jeden dramaturgischen Raum ausgelotet. Gedreht wurde in einem nachgebauten Jumbo.

Ein Eis für die Nase

Tatsächlich ist „Hijack“ mehr Psycho-Thrill als Action. Was wollen die Hijacker, fünf sind es, und wer sind sie überhaupt? Wie Islamisten sehen sie nicht aus, eher wie Fußballhooligans, vom Akzent her Millwall FC. Auch eine Frau ist unter ihnen. In einer Szene bittet sie um Eis. Als die Stewardess damit zurückkommt, wird klar, wozu es gebraucht wird: Die Entführerin hat in der Zwischenzeit einem renitenten Passagier eins auf die Nase gegeben, und jetzt muss er sie kühlen.

Der professionelle Menschenkenner Nelson muss da nur genau hinschauen, um zu erkennen, dass das hier keine gelernten Hijacker sind, sondern im Grunde Mitgefangene, und so lässt er sich auf ein gefährliches Spiel ein: Er bietet seine Hilfe an, um Zeit zu gewinnen und das Schlimmste zu verhindern. Das kommt dann natürlich trotzdem fast, als es erste Tote gibt, darunter auch einer der Kaperer. Aber weil Nelson weiß, dass auch Schurken im Moment ihres Todes nach „Mom“ schreien, ruft er diese   kurzerhand mit dessen Handy respektive Einverständnis an – und schon ist nicht nur das Herz des Betrachters gebrochen, sondern auch die Kommunikationsblockade zwischen Kingdom 29 und der Welt, die bis dahin gar nicht wusste, dass sie es mit einer Flugzeugentführung zu tun hat.

So nimmt denn das Ganze Kurs auf London und zielt mit jedem Twist ein Stück näher in die Katastrophe. Herausragend in diesem Nervenspiel sind neben Idris Elba vor allem Eve Myles, die als Fluglotsin noch im totalen Irrsinn die Ruhe bewahrt, und Max Beesley, der vor seiner Schauspielkarriere Tourmusiker bei Robbie Williams war und nun als Polizist nicht nur qua Akzent eine Portion nordenglischen Swagger zum Geschehen beiträgt: In der ersten Folge steigt er mit Nelsons Frau ins Bett, in der letzten rettet er die Party. Jedes weitere Wort ist eines zu viel. Haben wir erwähnt, dass die Serie ein echtes Ereignis ist?

Hijack. Serie, 7 Folgen, jeweils mittwochs bei Apple TV+