Nach den Antisemitismus-Vorwürfen gegen zwei Mitarbeiter eines Leipziger Hotels ermittelt zwar bereits die Staatsanwaltschaft. Aber auch das Westin selbst will herausfinden, was genau vorgefallen ist. Das Hotel habe begonnen, alle Gäste, die Zeugen des Vorfalls um den Sänger Gil Ofarim gewesen sein könnten, zu befragen, sagte der Hotelmanager Andreas Hachmeister der Leipziger Volkszeitung (LVZ, Donnerstag). „Wir haben aber inzwischen auch alle Gäste kontaktiert, die in der Schlange hinter Herrn Ofarim standen und etwas von dem Vorfall mitbekommen haben müssten.“
Mehrere Anzeigen gibt es in dem Fall - eine wegen Volksverhetzung gegen einen Hotelmitarbeiter, eine wegen Verleumdung gegen Gil Ofarim. Ofarim hatte in einem Video geschildert, dass ihn ein Hotelmitarbeiter am Montagabend aufgefordert habe, seine Kette mit Davidstern abzunehmen: „Pack deinen Stern ein“. Sonst könne er nicht einchecken. Der beschuldigte Hotelmitarbeiter schilderte den Vorfall laut eines Sprechers der Leipziger Polizei deutlich anders als der Künstler. Gil Ofarim selbst hatte auch am Donnerstag noch keine Anzeige gestellt.
Am Mittwoch schilderte Piero Vecchioli, der Manager der Musikerin Patricia Kelly auf RTL News ebenfalls einen Vorfall im Westin Leipzig. Nachdem er sich über ein unsauberes Zimmer beschwert habe, sei er von einem Hotel-Mitarbeiter als „Drecks-Schwuchtel“ beschimpft worden.
Was die Ermittlungen des Hotels angeht: Hachmeister hat laut LVZ im Buchungssystem nachsehen lassen, wer zum Zeitpunkt von Ofarims Check-In noch in seinem Haus eincheckte. Er habe die Gäste kontaktiert. Ein weiterer Gast meldete sich von allein. Das Hotel hat eine Rechtsanwaltskanzlei mit den Nachforschungen beauftragt. In den nächsten Tagen wolle Hachmeister die Ergebnisse öffentlich machen. Das Video der Überwachungskamera sei nutzlos - es zeigt den Streit, aber es gibt keinen Ton.
Gil Ofarim hatte sich am Mittwoch in einem Interview mit dem Spiegel geäußert: Es sei genauso gewesen, wie er es in dem Video gesagt habe, das er kurz nach dem Vorfall machte. „Ich finde es beschämend und traurig, dass ich mich nach diesem Vorfall auch noch rechtfertigen und erklären muss.“ Antisemitismus sei für ihn nichts Neues. „Er war nie weg in diesem Land. Er ist nur gerade anscheinend salonfähig geworden.“ Er bedanke sich aber bei allen, die am Dienstagabend friedlich vor dem Hotel demonstrierten. Wahrscheinlich werde er noch eine Anzeige stellen, sagte er weiter. Er sei aber den ganzen Tag unterwegs gewesen und habe Theater gespielt. Außerdem prasselten auf ihn gerade aus der ganzen Welt E-Mails und Nachrichten ein. „Auch wenn es schlimm klingt: Ich freue mich, dass das Video viral ging und die Leute wenigstens online Courage zeigen.“
Der Sprecher der Leipziger Staatsanwaltschaft teilte am Mittwoch mit, dass ihr zu dem Hotelmitarbeiter, der die Anzeige gestellt hat, keine Erkenntnisse im Zusammenhang mit rechtsgerichteten und antisemitischen Straftaten vorliegen. Der Mann habe noch eine zweite Anzeige wegen Bedrohung gestellt. Offensichtlich sei dieser durch unbekannte Personen auf bisher nicht bekanntem Wege identifiziert worden und habe über seinen privaten Instagram-Account Drohnachrichten erhalten.


