Interview

Historiker aus Wien: Der deutsche Provinzialismus ist der Weltlage nicht angemessen

Der Historiker Philipp Ther übt Kritik an der Diskussion über Russland in Deutschland. Er wirft den Deutschen Bequemlichkeit vor. Sie richteten den Blick nur auf sich selbst.

Kiew: Ein ukrainischer Feuerwehrmann löscht das Feuer in einem Wohnblock, der bei einem nächtlichen Drohnenangriff beschädigt wurde.
Kiew: Ein ukrainischer Feuerwehrmann löscht das Feuer in einem Wohnblock, der bei einem nächtlichen Drohnenangriff beschädigt wurde.ZUMA Press Wire/dpa

Wie kann der Ukrainekrieg enden? Das fragten wir den Osteuropa-Historiker Philipp Ther, der eine Professur in Wien inne hat. Er wirft den Deutschen vor, sie würden bequem vom Fernseh- oder Talkshow-Sessel aus Meinungen von sich geben, ohne sich über Russland zu informieren.

Herr Ther, der Krieg Russlands gegen die Ukraine dauert nun schon über drei Jahre. Irgendwann wird er zu Ende sein, nur wie, zu welchen Bedingungen? Was denken Sie?

Das ist im Moment nicht abschätzbar, aber eindeutig ist doch, dass Putin auf die diplomatischen Offensiven und auch das Zureden von Trump mit weiterer Eskalation reagiert hat. Mit noch mehr Bombardements durch Raketen und Drohnen. Er zeigt keinerlei Verhandlungsbereitschaft. Putin will alles.

Was ist denn alles?

Vor Ausbruch des Krieges gab es von Putin eine klare Ansage: Nato raus aus Osteuropa. Er will sein altes Einflussgebiet zurück. Es wird bei uns immer noch nicht genügend verstanden, dass Putin auch einen Krieg gegen die EU führt. Der Krieg gegen die Ukraine hat nicht 2022 begonnen, sondern 2014 mit der Annexion der Krim und der militärischen Intervention im Donbass, auch wenn dieser Krieg seit 2022 eine ganz andere Qualität hat. So schnell wird kein Frieden einkehren. Selbst wenn die Ukraine zur Kapitulation gezwungen würde, wird es keinen Frieden geben. Das ist eine Illusion.

Berliner Zeitung

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