Die Nachrichten zum Krieg, den die russische Armee in der Republik Ukraine führt, lassen den Kultur- und Medienbereich nicht unberührt. Die Titelseite der gedruckten Ausgabe der unabhängigen Moskauer Zeitung Nowaja Gaseta war am Montag komplett mit einem Foto aus einem Kiewer U-Bahnhof ausgefüllt. Auf Twitter wurde das Bild hunderte Male geteilt. Es zeigt Menschen, die Schutz suchen, mit Schlafsäcken und Gepäck. Die Schlagzeile in Großbuchstaben „METRO-2022“ beschreibt nicht nur den Ort. Sie spielt auf eine düstere Science-Fiction-Romanreihe von Dmitry Glukhovsky an, in der Moskau nach einem Atomkrieg unbewohnbar geworden ist. Glukhovsky selbst schrieb zwei Tage zuvor auf Facebook: „We are sorry, Ukraine!“ Ein ukrainischer Entwickler hat aus seinen Büchern 2010 ein international erfolgreiches Ego-Shooter-Spiel gebaut.
Der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat eine Entscheidung für den Kulturbereich getroffen, die denen aus der Wirtschaft und dem Sport ähnelt: Er zog die Schirmherrschaft für die in der Moskauer Tretjakow-Galerie gezeigte Ausstellung „Diversity United“ zurück. Das hatte die Deutsche Presse-Agentur im Bundespräsidialamt erfahren. Die Ausstellung mit Arbeiten von rund 90 Künstlern aus 34 Ländern war im Juni vergangenen Jahres von Steinmeier in Berlin eröffnet worden. Der Veranstalter Walter Smerling vom privaten Verein Stiftung für Kunst und Kultur bat sogar die Tretjakow-Galerie, die Ausstellung zu schließen und die Arbeiten an die Leihgeber beziehungsweise Künstlerinnen und Künstler zurückzuschicken.
Mehr als 1000 Unterschriften
Ganz realistisch sind die Befürchtungen des internationalen Museumsrats (Icom) mit Sitz in Paris um das kulturelle Erbe der Ukraine. Denn auch alle bisherigen Kriege zerstörten Kulturstätten mit. Man sorge sich um die Museumsfachleute und den Schutz des Kulturgutes, schreibt die nichtstaatliche Organisation auf ihrer Internetseite. Sie erinnert an das Haager Übereinkommen von 1954, dem beide Staaten beigetreten seien. Icom-Mitglieder seien verpflichtet, das Erbe zu bewahren, zu erhalten, zu fördern und sicherzustellen, dass ihre Museen und Sammlungen im Konfliktfall geschützt seien.
Die internationale Schriftsteller-Organisation Pen hat am Sonntagnachmittag einen von über tausend Schriftstellern unterzeichneten Brief an die „Freunde und Kollegen in der Ukraine“ veröffentlicht. Es geht darin vor allem um Solidarität mit dem ukrainischen Volk. Wörtlich heißt es: „Wir sind uns einig in der Verurteilung eines sinnlosen Krieges, der von Präsident Putin geführt wird, der sich weigert, das Recht des ukrainischen Volkes zu akzeptieren, ohne Moskaus Einmischung über seine künftige Zugehörigkeit und Geschichte zu diskutieren.“ Und an späterer Stelle wird der Krieg ein Angriff auf Demokratie und Freiheit, nicht nur in der Ukraine, sondern auf der ganzen Welt genannt.
