Es ist schon wieder passiert. Ich habe mir selbst eine Diagnose gestellt – Malapropismus. Und das kam so: Wir saßen zu Hause in kleiner Runde zusammen, aßen asiatisch vom Imbiss um die Ecke. Ich hatte die 87, Ente kotz. Das antwortete ich jedenfalls auf die Frage, was das da auf meinem Teller sei. Kotz statt kross. Ein Riesenlacher.
Angespornt durch den komödiantischen Achtungserfolg, legte ich nach, indem ich die geleerten Verpackungen für das Essen, die sich nebenan in der Küche stapelten, als ökumenisch bedenklich einstufte und darauf verwies, dass es eine wahre Syphilisarbeit sein müsse, den ganzen Müll zu recyceln. Für recyceln fiel mir auf die Schnelle keine Verballhornung ein.
Schweigen. Dann von einer Seite des Tisches der Hinweis, Witze würden durch exzessiven Gebrauch nicht besser. Außerdem sei ich ja schon oft durch Schwurbelei aufgefallen. Schwurbelei im klassischen Sinn. Nicht pandemisch bedingt. Dennoch könne sie auf eine Zwangsstörung hindeuten. Zustimmung.
Ich fragte trotzig: „Schwurbelei? Zum Bleistift?“ Es hagelte Zitate: „Nicht nur fürs schnöde Mammut arbeiten.“ Dann: „Mit Bronchialgewalt vorgehen.“ Oder: „Ein weitläufiges Arsenal, dieser Alexanderplatz.“ Und so weiter.

Um meine Ruhe zu haben, gab ich zu, infiziert worden zu sein, möglicherweise, rhetorisch betrachtet. Schließlich habe ich mich jahrelang mit professionellem Fußball beschäftigt. „Um mit dem ehemaligen Hertha-Trainer Michael Skibbe zu sprechen“, schloss ich meine Verteidigungsrede ab: „Ich bin immer offen für Kritik, aber sie muss konstruktivistisch sein.“ Allgemeines Lächeln. Das Thema war erledigt.
Für die anderen. Für mich ging es jetzt erst richtig los. Das mit der Zwangsstörung konnte ich nicht auf mir sitzen lassen. Nicht ohne eine besorgniserregende Diagnose. Doch wo ich auch im Internet suchte, ich fand keine. Alles klang so normal. Da war etwa von Stress die Rede. Der schwäche Konzentration und Ausdrucksvermögen.
Läppische Euphorie? Das passt!
Das würde immerhin die Anfälligkeit von Fußballern erklären. Rennen 90 Minuten lang über den Platz und sollen sich danach vor laufender Kamera zu kniffligen Sachverhalten äußern. Zu Vertragsfragen zum Beispiel wie ehedem der Österreicher Peter Pacult. Dabei kommt dann so etwas heraus: „Ja, der FC Tirol hat eine Obduktion auf mich.“
Eine Option auf Witzelsucht kam für mich nicht in Betracht, obwohl mich meine Suchmaschine über Umwege zu diesem Befund führte. Ebenjene Sucht trägt den Beinamen läppische Euphorie. Okay, das haute hin. Auch ließ sich überzogene Heiterkeit als Symptom akzeptieren. Geschwätzigkeit? Na ja. Doch was mich betraf, ging die leichte Schädigung des Gehirns als mögliche Ursache dann doch zu weit.
Sie war fehl am Platz, französisch: mal à propos. Und als hätte ich mir das alles hier nur ausgedacht, war es bis zum Malapropismus nicht weit. Der geht zurück auf den sprechenden Namen „Mrs. Malaprop“, eine literarische Figur in dem Stück „Die Rivalen“ aus dem Jahr Siebzehnhundertplumps. Frau Malaprop benutzt absichtlich umständliche Wörter.
Diese und andere wegweisende Informationen bezog ich aus einer Frauenzeitschrift, die in Angelegenheiten der Tiefenpsychologie maßgeblich zu sein scheint. Sie klärte mich nämlich darüber auf, dass in mir ein inneres Kind verborgen sei. Und dass es davon sieben Archetypen gebe.



