Klimakrise

Alarmierende Zahlen: Deutschland hat Zwei-Grad-Grenze bereits erreicht

Nicht nur die Temperaturen, auch die Trockentage hätten in den vergangenen Jahren in Deutschland zugenommen. Aktivisten rufen zum Klimastreik am Freitag auf.

Die Bewegung Fridays for Future ruft am Freitag erneut zum globalen Klimastreik auf. 
Die Bewegung Fridays for Future ruft am Freitag erneut zum globalen Klimastreik auf. dpa/Jens Büttner

Berlin-An diesem Freitag ruft die Bewegung Fridays for Future erneut zum globalen Klimastreik auf – auch in Berlin. In der Hauptstadt ist die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg vor Ort. Die Forderung der Bewegung an die Politik: die globale Erwärmung unter 1,5 Grad zu begrenzen. Doch Deutschland ist derzeit weit von diesem Ziel entfernt. 

Die Erwärmung hat gegenüber der vorindustriellen Zeit hierzulande bereits die Zwei-Grad-Grenze erreicht, das zeigt ein aktueller Bericht des Deutschen Wetterdienstes (DWD). Der Zeitraum von 2011 bis 2020 war demnach bereits um gut zwei Grad Celsius wärmer als die Jahre von 1881 bis 1910. Die Temperaturen in Deutschland sind damit deutlich stärker gestiegen als im weltweiten Schnitt. Dieser liegt bei 1,1 bis 1,2 Grad.

Zwar würden sich Landgebiete generell schneller als Meeresregionen erwärmen – die Beschleunigung der Erwärmung sei dennoch besorgniserregend, so die Forschenden. Laut der Auswertungen traten seit 2000 neun der zehn wärmsten Jahre seit 1881 auf. In den letzten 20 Jahren waren bereits sieben Jahre um mehr als zwei Grad Celsius wärmer als die Werte zwischen 1881 und 1910. Vier Jahre lagen sogar über der 2,5 Grad Celsius Marke.

Beispiellose Häufung an Wärmerekordjahren

„Eine derart außergewöhnliche Häufung von Rekordjahren der Temperatur ist nur durch die menschengemachte globale Erwärmung erklärbar“, heißt es in dem Bericht. Aufgrund der weiter steigenden Treibhausgaskonzentration sei zudem zu erwarten, dass die kommenden Jahre ebenfalls wärmer ausfallen als die vorangegangenen.

Nicht nur die Temperaturen, auch die Trockentage hätten in den vergangenen Jahren in Deutschland zugenommen. Gehe der Klimawandel ungebremst voran, würden die Trockenphasen weiter steigen, so die Autoren. Die Auswirkungen, wie die zunehmende Trockenheit der Böden, seien bereits heute deutlich zu spüren, etwa in der Landwirtschaft.

Die Forschenden prognostizieren zudem, dass Extremwetterereignisse, wie Sturmfluten, Hochwasser, aber auch Hitzewellen, in Zukunft häufiger auftreten werden. Eine Forschergruppe des World Weather Attribution (WWA) hat erst im August die Starkregenfälle im Sommer untersucht, die zu massiven Überschwemmungen in Deutschland, Belgien, den Niederlanden und Luxemburg geführt haben. Ihr Fazit: Der Klimawandel hat die Starkregenfälle zwischen drei Prozent und 19 Prozent heftiger ausfallen lassen. Außerdem hat sich die Wahrscheinlichkeit, dass solche extremen Wetterereignisse eintreten, um das 1,2-Fache bis 9-Fache erhöht.

Welt steuert auf 2,7-Grad zu

Die Ergebnisse des DWD und des WWA untermauern die Schlussfolgerungen des Berichts des Weltklimarats (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC), der im August veröffentlicht wurde. Demzufolge ist der menschengemachte Klimawandel die Hauptursache für die Zunahme extremer Wetterereignisse. Laut IPCC-Bericht werden auch West- und Mitteleuropa bei steigenden Temperaturen immer häufiger Starkregenfällen und Überschwemmungen ausgesetzt sein. Bereits 2030 droht laut des IPCC-Berichts eine Erderwärmung um 1,5 Grad – zehn Jahre früher als bisher prognostiziert.

Erst in der vergangenen Woche erschien ein UN-Klimabericht mit dem Fazit, dass die Welt auf eine 2,7-Grad-Erwärmung zusteuere. Die internationale Gemeinschaft drohe demnach, ihr Ziel zur Begrenzung der Erderwärmung auf vorzugsweise 1,5 Grad gegenüber dem globalen Temperaturniveau vor der Industrialisierung deutlich zu verfehlen. Deutschland hat mit dem Erreichen der Zwei-Grad-Marke gezeigt, dass der Bund und alle Länder und Kommunen ihre Klimaschutzziele deutlich verschärfen müssen – auch Berlin.

Berlin verfehlt die Klimaziele

Denn auch die Hauptstadt verfehlt derzeit ihre Klimaziele. Ein klimaneutrales Berlin bis 2040 oder gar 2030 wird sehr wahrscheinlich auch nicht mit den größten Anstrengungen der Politik zu erreichen sein, schreiben die Verfasser der Studie „Berlin Paris-konform machen“ des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW), die in der vergangenen Woche veröffentlicht wurde. Die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz hat die umfangreiche Studie in Auftrag gegeben.

Zwar gehen die CO2-Emissionen der letzten Jahre laut der Autoren langsam zurück, doch es müsse viel schneller gehen, um eine Klimaneutralität in den kommenden 20 Jahren zu erreichen. Vor allem im Bereich des Berliner Verkehrs und im Gebäudesektor seien die CO2-Emissionen besonders hoch. Die Berichte der vergangenen Wochen zeigen deutlich, dass die kommenden zehn Jahre entscheidend sein werden, um noch das Ruder herumzureißen. Die zentrale Botschaft: Ein Handeln und das Erreichen der Klimaneutralität sind möglich.