Kommentar

Verflucht für alle Zeit: BER, Dein Name ist Chaos

Der Flughafen ist ein schwarzes Loch, das Geld, Hoffnungen und die Reputation der Region verschwinden lässt. Doch für das Klima ist das Durcheinander gut.

Herzlich willkommen am BER! Am Freitag drängen sich wieder einmal Fluggäste in Terminal 1.
Herzlich willkommen am BER! Am Freitag drängen sich wieder einmal Fluggäste in Terminal 1.Berliner Zeitung/Volkmar Otto

Berlin-Inzwischen müsste es sich herumgesprochen haben. Der BER ist eigentlich gar kein Flughafen, sondern ein schwarzes Loch, das gierig Geld, Hoffnungen und die Reputation der Region verschwinden lässt. Verflucht, vermaledeit, offenbar für alle Zeit. Denn jetzt hat sich der böse Geist, der irgendwo in der Brandschutzanlage leben muss, mal wieder mit den Ketten gerasselt. Wenige Wochen vor dem ersten Jahrestag des angeblichen Hauptstadt-Airports sorgte er erneut für Negativ-Schlagzeilen. Bilder zeigen Warteschlangen von unabsehbarer Länge, die sich durch das derzeit einzige Terminal winden, und es kommen entnervte Passagiere zu Wort, die sich um ihren Herbsturlaub gebracht sehen. BER, Dein Name ist Chaos. 

Metaphysik ist jedoch nicht der richtige Schlüssel. Denn natürlich ist auch dieses Durcheinander von Menschen gemacht, wobei sich ein Virus erfolgreich als Katalysator des Schreckens betätigt hat. Die Coronaflaute hat bei den Bodenverkehrsdienstleistern, die Passagiere, Gepäck und Flugzeuge abfertigen, zu Kurzarbeit geführt. Das hatte zur Folge, dass die ohnehin schon schlecht bezahlten Beschäftigten seit Frühjahr 2020 mit noch geringeren Einkünften auskommen mussten. Viele suchten deshalb das Weite und wechselten in andere Branchen, andere bekamen ihre Verträge nicht verlängert.

Für das Klima wäre Zugreisen ohne

Am BER kommt hinzu, dass die Aufträge regelmäßig ausgeschrieben werden, was zu einem harten Wettbewerb um die niedrigsten Kosten, häufigen Anbieterwechseln und einem unruhigen Betriebsklima führt. Weder Qualifikationen und Erfahrungen noch Loyalität zum Unternehmen oder zum Flughafen können da wachsen.

Und so ist die Misere in erster Linie ein Personalproblem, das sich unter den jetzigen Bedingungen wohl kaum grundsätzlich lösen ließe. Überhaupt krankt das Projekt BER seit Anbeginn unter Fehlern, zu denen Organisationssoziologen und Human-Resources-Fachleute sinnvollere Gedanken beisteuern könnten als Ingenieure. Dass beim Planen und Bauen Fehler gemacht werden, ist normal. Doch in der Flughafengesellschaft herrschte eine Atmosphäre, bei dem jeder, der auf Probleme hinwies, damit rechnen musste, bildlich gesprochen einen Kopf kürzer gemacht zu werden. So hielten alle ihren Mund – und das Projekt fuhr vor die Wand.

Wer nur als Besucher kommt, fühlt sich zweifellos becirct von der eleganten Atmosphäre, die das Terminal mit seinem hellen Fußboden aus Jurakalkstein und den mit Nussbaum furnierten Einbauten verströmt. Doch aus der Nutzerperspektive merkt man rasch, dass an entscheidenden Stellen Platz fehlt, was mit der Raumaufteilung zu tun hat. Auch dieses Manko wird sich nicht ohne weiteres beheben lassen.

Lasst, die Ihr eintreten, alle Hoffnung fahren! Das muss nicht immer so sein am BER, aber es kann sein. Auch angesichts des Ratschlags, drei Stunden vor dem Abflug am Terminal zu sein, ist das Durcheinander ein guter Anlass darüber nachzudenken, ob die Bahn nicht die zeitsparende Alternative wäre. Das Klima dankt dem BER. So bringen böse Geister auch mal etwas Gutes zuwege.

Dieser Text ist in der Wochenendausgabe der Berliner Zeitung erschienen – jeden Sonnabend am Kiosk oder hier im Abo.