Food-Tipps am Wochenende

Nicht kleckern, sondern klopfen: Auf der Suche nach dem perfekten Schnitzel

Österreichische Restaurants gibt es in Berlin mittlerweile wie Sand am Meer. Gar nicht so leicht das richtige zu finden. 

Vor dem Schnitzel gibt es ein Walnussbrot mit wunderbar rahmiger Schnittlauchbutter. 
Vor dem Schnitzel gibt es ein Walnussbrot mit wunderbar rahmiger Schnittlauchbutter. Maximillian Both

Berlin-Österreicher in Berlin. Ein schwieriges Thema. In aller Fairness und etwas zeitlichen Abstand lässt sich feststellen: Nicht jeder Glücksritter der Zisleithanien verließ, um im Norden eine neue Karriere zu verfolgen, entpuppte sich für Berlin als ein Gewinn. Ein österreichischer Exportartikel hat die Kultur der erweiterten Mark Brandenburg jedoch zweifelsohne bereichert: Das Wiener Schnitzel. Knusprig, braun und sehr dünn. So soll es sein.

Doch ein gutes Wiener Schnitzel zuzubereiten ist gar nicht so leicht, denn Schnitzel machen ist Handarbeit: Plattieren, Panieren und Ausbacken – jeder Schritt braucht Geschick. Das Plattieren erfordert überdies auch ordentlich Kraft. Wenn man es richtig macht, klingt es in der Küche so als hätte man die Handwerker im Haus. Die unausweichliche Sauerei in der Panierstraße und das heiße Fett in der Pfanne unterstreichen diesen Eindruck noch zusätzlich. Ein Glück, dass es in Berlin mittlerweile eine feine Auswahl an österreichischen Restaurants gibt, um sich das Elend in den eigenen vier Wänden zu ersparen. Das Schneeweiß in Friedrichshain gehört dazu.

Das Rindertatar ist Spitze!

Nomen est omen: Der Gastraum des Restaurants ist tatsächlich schneeweiß, wirkt aber trotzdem nicht ungemütlich. Die optische Zusammensetzung des Publikums entspricht der Demographie des Stadtteils: ein Drittel Hipster, ein Drittel Unternehmensberater und ein Drittel Normcore. Die Mitarbeiter beherrschen den Spagat aus freundlicher Aufmerksamkeit und wohldosierter Coolness – für das richtige Verhältnis zwischen Nähe und Distanz fehlt es in Friedrichshain leider zu oft an Feingefühl. Auf der Speisekarte wird zwischen saisonalen Speisen und „Klassikern“ unterschieden. Auf der Saisonkarte findet sich unter anderem Blumenkohl mit Hoisin-Sauße oder Susländer Schwein (Auf der Karte als Süssländer zu finden) mit Kürbis.

Keine Experimente: Heute Abend gibt es nur Klassiker. Los geht es mit dem Rindertatar. Das Fleisch ist in kleine Würfel geschnitten, auf dem Teller finden sich kleine Kugeln mit Senfschaum, dazu gibt es eine Scheibe geröstetes Sauerteigbrot. Das Tatar ist bissfest und trotzdem von feiner Konsistenz, obendrein noch gut gewürzt. Nur das Sauerteigbrot ist etwas zu stark geröstet. Ein guter Start. Zwischen Vorspeise und Hauptgericht vergeht Zeit. Am großen Tisch in der Mitte des Raums findet am Abend des Besuchs eine Art Firmenfeier statt. Es wird getrunken. Die Stimmung ist gut, ohne ins Bierzelthafte abzugleiten. Fein, fein, hier lässt es sich aushalten. Es folgt das Schnitzel. Und was soll man sagen? Es ist einfach gut. Es wird buttrig und dünn auf einem lauwarmen Erdäpfelsalat serviert, dazu gibt es eine kleine Schale Gurken- und Krautsalat. Gerade vom frischen Gurkensalat hätte man gerne eine noch größere Portion gehabt, er rundet das Schnitzel richtig ab.

Der ‚Schnitzelwein‘ ist zu warm

Einziger Wermutstropfen: Die korrespondierenden Weine werden an diesem Abend durchgängig zu warm serviert. So verschenkt die als „Schnitzelwein“ beworbene Cuveé ihr Potential. Überhaupt könnte die Weinkarte etwas ambitionierter sein. Wer nach seinem Schnitzel noch Lust auf österreichischen Wein hat, kann aber auch zu Willi Schlögel und Johannes Schellhorn in die Freundschaft fahren. Zuvor sollte man aber auf jeden Fall noch den Kaiserschmarrn probieren. Eine oft bemühte Floskel in der Gastrokritik erhält hier ihre Berechtigung: Ein Gedicht! Der Kaiserschmarrn ist von einer feinen Schicht karamellisierten Zuckers umgeben, die Zwetschgen runden das Bild ab – selbst der Begleitung, die sonst Rosinen verschmäht, schmeckt es ausgesprochen gut. Tu felix Austria!

Bewertung: 4 von 5 Punkten

Schneeweiß, Simplonstraße 16, 10245 Berlin, Montag bis Sonnabend, 17‑22 Uhr, Sonntag 10-15 Uhr, 17-20 Uhr