Liest man den Geschäftsbericht der landeseigenen Investitionsbank Berlin (IBB), hat man den Eindruck, dass die Hauptstadt boomt. Im vergangenen Jahr konnten Finanzierungszusagen in Höhe von 3,5 Milliarden Euro getätigt werden. Mit dem Geld wurden insgesamt Investitionen von rund 7,4 Milliarden Euro angestoßen.
Den drängenden Problemen auf dem überhitzten Immobilienmarkt wurde mit Finanzierungszusagen in Höhe von rund 1,37 Milliarden Euro begegnet – eine Steigerung im Jahresvergleich von 4,6 Prozent.
Druck auf Wohnungsmarkt steigt
Doch ziehen dunkle Wolken am Berliner Himmel auf. Die Bankenkrise in den USA und in der Schweiz hat bereits einen Vorgeschmack gegeben, welche Auswirkungen die Zinswende der Notenbanken haben kann. Der IBB-Vorstandsvorsitzende Hinrich Holm sagt der Berliner Zeitung: „Beim Wohnungsbau ist in Berlin ein perfekter Sturm unterwegs.“ Das Zinsumfeld, die gestiegenen Baukosten und die Enteignungsdebatte seien drei Punkte, die private Investoren verschreckten. „Die Enteignungsdebatte muss vom Tisch“, sagte Holm. Ansonsten drohe der private Sektor auszufallen. „Dann fehlt uns aber mehr als die Hälfte der Kraft, um unsere Bauziele zu erreichen.“
Der Druck auf den Immobiliensektor wird weiter steigen, schätzt der IBB-Vorstandsvorsitzende. „Die EZB wird das Ziel von 3,75 Prozent des Einlagenzinses nicht außer Augen lassen. Das ist das, was der Markt erwartet.“ Schließlich sei die Kerninflation noch viel zu hoch. Wenn man die Energiepreise herausrechne, verzeichneten die Güter des täglichen Verbrauchs immer noch eine Preissteigerungsrate von rund sechs Prozent im Vergleich zum Vorjahr. „Insofern glauben wir, dass das Zinsniveau weiter steigen wird“, sagte Holm.
Mieter sollen mehr bezahlen
Dem Mangel auf dem Wohnungsmarkt könne man begegnen, indem die staatliche Finanzierung nicht nur auf das Mietsegment von sieben bis neun Euro begrenzt bleibe, sondern auch auf den Bereich von zehn bis zwölf Euro ausgeweitet werde, erläuterte der IBB-Vorstandsvorsitzende. Schließlich gebe es mittlerweile genug Menschen in Berlin, die in der Lage seien, höhere Mieten zu bezahlen.
Für Ulrike Hamann vom Berliner Mieterverein, der den Mieten-Volksentscheid in Berlin zur Enteignung von Immobilienkonzernen unterstützt hat, sind das keine schlüssigen Forderungen. Im Gespräch mit der Berliner Zeitung sagte sie: „Mit zehn Euro pro Quadratmeter sind wir auch in der Mittelschicht schon hart an der Belastungsgrenze. Warum sollen staatliche Mittel eingesetzt werden, um Mieten zu finanzieren, die sich nicht mehr viele Menschen leisten können?“
Rund 54 Prozent der Berliner könnten jetzt bereits einen Wohnungsberechtigungsschein erhalten. Damit hätten sie Anspruch auf die geförderten Wohnungen, die sich noch im Bau befinden. Dass jetzt noch ein höheres Preissegment gefördert werden solle, zeige nur, wie groß die Probleme auf dem Berliner Immobilienmarkt mittlerweile seien.
Volksentscheid nicht ignorieren
Das Bündnis Deutsche Wohnen und Co. enteignen, das den Volksentscheid angestoßen hat, formuliert es drastischer: „Weder ein Bankvorstand noch die neue Landesregierung haben das demokratische Recht, dieses Votum einfach zu ignorieren.“ Schließlich hätten rund 60 Prozent der Berlinerinnen und Berliner für den Volksentscheid gestimmt. „Berlin hat Eigenbedarf, das heißt: Wir müssen die großen Wohnungskonzerne enteignen, bevor die Mieten noch weiter explodieren“, teilte das Bündnis mit.




