Finanzkrise

Immobilienkrise spitzt sich zu: Gefährliches Vorgehen von Deutschlands größtem Finanzierer

Der größte deutsche Immobilienfinanzierer LBBW will sich gegen Risiken absichern. Dafür greift die Bank auf umstrittene Verbriefungen zurück.

Hauptsitz der LBBW in Stuttgart.
Hauptsitz der LBBW in Stuttgart.Arnulf Hettrich/Imago

Die Immobilienkrise in Deutschland spitzt sich weiter zu. Die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) hat Berater engagiert, um Risiken in ihrem Immobilienportfolio zu reduzieren, berichtete der Wirtschaftsdienst Bloomberg am Donnerstag. Dabei will die Bank auf Kreditinstrumente zurückgreifen, die als Brandbeschleuniger der letzten großen Finanzkrise galten.

Durch die Niedrigzinspolitik der Zentralbanken wurden die Preise auf dem Immobilienmarkt in den letzten Jahren befeuert. Nun wirken die jüngsten Zinsanhebungen wie eine Vollbremsung – Kredite werden teurer, Preise sinken, die Nachfrage geht zurück.

LBBW hat sich durch Übernahme der Berlin Hyp mit Immobilien eingedeckt

Die LBBW hatte inmitten der Hausse auf dem Häusermarkt tief ins Portemonnaie gegriffen. Im letzten Jahr hatte sie die Berliner Hyp übernommen und war dadurch zum größten deutschen Immobilienfinanzierer aufgestiegen. Zum Zeitpunkt der Übernahme hatte die Berlin Hyp ein Finanzierungsportfolio von rund 26 Milliarden Euro im Bestand. LBBW-Chef Rainer Neske hatte damals betont, dass er im Immobiliengeschäft „keine größeren Risikothemen am Horizont“ sehe. Durch die Übernahme konnte die LBBW ihren Gewinn um zehn Prozent auf mehr als 900 Millionen Euro steigern. Es war der höchste Gewinn seit 2006 – also vor der großen Finanzkrise.

Die könnte nun ein unrühmliches Comeback finden. Die Ähnlichkeiten zum Platzen der Hypothekenblase, die 2007 in den USA ihren Lauf nahm, dann mit dem Zusammenbruch von Lehman Brothers am 15. September 2008 auf den Bankensektor übergriff und zuletzt den globalen Finanzmarkt in Mitleidenschaft zog, nehmen zu. Gerade die als „Ramschpapiere“ bezeichneten Verbriefungen sollen ein Revival bei dem Deal der LBBW erleben.

Verbriefungen erlauben es Banken, Kredite aus ihren Bilanzen zu Wertpapieren zu bündeln und über den Kapitalmarkt zu verkaufen. Vor Ausbruch der Finanzkrise hatten viele Banken in den USA und Europa Immobilienfinanzierungen in teilweise extrem komplexen Finanzierungsinstrumenten gebündelt. Als der amerikanische Immobilienmarkt 2007 endgültig in die Krise rutschte, verloren die oft als sicher angepriesenen Investments massiv an Wert. Am Ende musste der Steuerzahler für den risikoreichen Handel der Banker geradestehen.

Gerade dieses Finanzinstruments will sich die LBBW nun bedienen. Die Landesbank will sich am heiß gelaufenen Immobilienmarkt nicht die Finger verbrennen und sich von einem Portfolio im Wert von fünf Milliarden Euro trennen. Dafür hat sie Europas größte Bank, die französische BNP Paribas, engagiert.

Finanzkrise wie 2007? LBBW setzt auf risikoreiche Verbriefungen

Die BNP Paribas drängt schon seit geraumer Zeit darauf, dass Banken vermehrt ins Geschäft mit Verbriefungen einsteigen. Europa brauche dringend eine Renaissance des Verbriefungsmarkts, sagte Deutschland-Chef Lutz Diederichs im Januar dem Handelsblatt. Zwar räumte er ein, dass diese Finanzgeschäfte während der letzten großen Finanzkrise in Verruf geraten seien, aber etliche Jahre danach müsse man „aufhören, dieses Instrument zu verteufeln“.

Unter der Vereinbarung mit dem Namen „Project Eagle“ soll die BNP Paribas für die LBBW nun eine „synthetische Verbriefung“ aufsetzen. Die LBBW zahlt eine Prämie an einen Fonds, um einen Teil ihres Kreditportfolios gegen Zahlungsausfälle abzusichern. Im Wesentlichen würden die Fonds das Risiko eingehen, dass Kredite ausfallen, und die Bank würde dieses Risiko aus ihren Büchern streichen. Die Kredite werden nicht aus der Bilanz der LBBW ausgebucht, das Risiko verbleibt jedoch bei den Investmentfonds.

Der gesamte Prozess diene ausschließlich dem Zweck, Kapital für zukünftiges Wachstum freizusetzen, teilte ein LBBW-Sprecher Bloomberg mit. Synthetische Verbriefungen seien ein gängiges Instrument, um Kapital freizusetzen und so Spielraum für neue Kreditvergaben zu schaffen.