Energie

Trotz Krieg: Warum speichert Europa wieder so viel Gas in der Ukraine?

Der Ukraine-Krieg hält EU-Länder nicht davon ab, ukrainische Gasspeicher aktiv zu nutzen. Im Juli wurde im Land so viel Gas aus Europa eingespeichert wie seit dem Februar 2022 nicht mehr. 

Über das ukrainische Gasnetzsystem kommt monatlich rund eine Milliarde Kubikmeter russisches Gas nach Europa. Aber auch die Ukraine bekommt jetzt viel Gas zurück, um dieses zu speichern.
Über das ukrainische Gasnetzsystem kommt monatlich rund eine Milliarde Kubikmeter russisches Gas nach Europa. Aber auch die Ukraine bekommt jetzt viel Gas zurück, um dieses zu speichern.Gas Transmission System Operator of Ukraine

Europäische Unternehmen zeigen seit einiger Zeit wieder mehr Interesse an unterirdischen ukrainischen Gasspeichern. Im Juli wurde in dem Land so viel Gas aus dem Ausland eingespeichert wie seit dem Beginn der russischen Invasion nicht mehr: Rund 590 Millionen Kubikmeter Gas sind dafür aus dem Westen in die Ukraine geflossen, und 99 Prozent davon wurden im sogenannten Zolllagerverfahren und im Kurzstreckenverkehr gelagert.

Darüber berichtet der ukrainische Gasnetzbetreiber Gas Transmission System Operator (GTS). Die meisten Mengen seien in die Ukraine von Nicht-Residenten aus der EU und Moldau importiert worden, heißt es.

Ungarn, Slowakei, Moldau: Diese Länder speichern in der Ukraine Gas ein

Rund 224 Millionen Kubikmeter Erdgas davon stammen demnach aus Ungarn, was 38 Prozent des Empfangsvolumens der Ukraine im Juli entspricht. Weitere rund 143 Millionen Kubikmeter, oder 24 Prozent, kommen aus Moldau. Noch fast 120 Millionen Kubikmeter hat die Ukraine aus der Slowakei zur Einspeicherung geliefert bekommen und rund 103 Millionen Euro aus Polen.

 „Vor dem Hintergrund, dass die europäischen Gasspeicher zu mehr als 85 Prozent gefüllt sind, nutzen europäische Händler verstärkt die ukrainische Gasinfrastruktur“, erklärt der ukrainische Gasnetzbetreiber. In diesem Jahr werde das ausländische Gas in der Ukraine auch früher für den Winter eingespeichert als im letzten Jahr.

Gasnetzbetreiber wirbt: Gasspeicherung in der Ukraine „profitabel und sicher“

Niedrige Tarife und womöglich höhere Gaspreise im Winter ziehen die europäischen Gashändler in die Ukraine. Die günstigen Preise überwiegen am Ende die Risiken durch den Krieg. „Die ukrainische Gasinfrastruktur hat sich sowohl beim Transport als auch bei der Speicherung von Gas als zuverlässig erwiesen“, wirbt der ukrainische Operator. Man freue sich über ausländische Kunden, die verstehen, dass „die Gasspeicherung in der Ukraine profitabel und sicher ist“.

Ungarn, Moldau und die Slowakei beziehen mittlerweile noch hauptsächlich russisches Gas sowohl über den Ukraine-Transit als auch über Turkish Stream. Im Juli lieferte der russische Staatsmonopolist Gazprom nach eigenen Angaben rund eine Milliarde Kubikmeter Gas über die Ukraine nach Europa, darunter nach Österreich; einige Mengen davon fließen nach dem Prinzip der sogenannten virtuellen Umkehr aus Ungarn und der Slowakei zurück zur Einspeicherung in der Ukraine. 

Der Transitvertrag zwischen Russland und der Ukraine läuft allerdings Ende 2024 aus und wird offensichtlich nicht verlängert. Die österreichische Regierung warnt daher den Energiekonzern OMV und andere Händler davor, auch weiterhin zu sehr auf die Gaslieferungen über die Ukraine zu setzen. 

Haben Sie Feedback? Schreiben Sie uns! briefe@berliner-zeitung.de