Strom und Gas werden teuer, noch teurer. Auch wenn viele Haushalte bereits eine Preiserhöhung von ihrem Versorger bekommen haben, wird es aller Voraussicht nach nicht dabei bleiben. Hinzu kommt die Gasumlage, die Verbraucher zahlen müssen. Auf was müssen sich Haushalte also noch einstellen? Wie hoch, schätzen Experten, werden die Preise noch steigen? Was macht die befristete Mehrwertsteuersenkung aus? Und für wen kann sich ein Anbieterwechsel noch lohnen? Ein Überblick.
Wie teuer werden Gas und Strom noch?
Wer zurzeit auf der Suche nach einem neuen Gasanbieter ist, kann sehen, wohin sich die Preise entwickeln. „27 Cent pro Kilowattstunde sind keine Seltenheit mehr“, sagt Udo Sieverding, Energieexperte bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. „Und das ist dann möglicherweise auch das – sollte sich an der geopolitischen Situation nicht grundlegend was ändern –, was wir in den nächsten zwei Jahren in jedem Gas-Vertrag sehen werden.“
Für Bestandskunden sehen die Preise derzeit noch deutlich anders aus. Trotz Preiserhöhungen auch hier finden sich noch Tarife von 14 Cent pro Kilowattstunde.
Hinzu kommt bei allen Verträgen die befristete Gasumlage von 2,4 Prozent pro Kilowattstunde ab Oktober. Abmildern will die Bundesregierung die Belastung für Verbraucher nun mit einer befristeten Mehrwertsteuersenkung von 19 auf sieben Prozent bei Gas.
Was das bedeutet, macht das Vergleichsportal Check24 anhand einer Beispielrechnung deutlich: Aktuell zahlt eine vierköpfige Familie mit einem Verbrauch von 20.000 Kilowattstunden durchschnittlich 3717 Euro für Gas. Sinkt die Mehrwertsteuer von 19 auf sieben Prozent, verringern sich die Kosten um rund 375 Euro auf 3342 Euro. Ab Oktober kommen dann mit der Gasumlage allerdings noch einmal 518 Euro hinzu.
Auch Strom wird noch deutlich teurer. Bestandskunden zahlen momentan etwa 30 bis 35 Cent pro Kilowattstunde, manche auch schon mehr. Neukundentarife hingegen liegen bei 40 bis 50 Cent pro Kilowattstunde. Zahlte eine dreiköpfige Familie mit einem Verbrauch von 3500 Kilowattstunden Strom bislang etwas mehr als 1000 Euro im Jahr, sind es jetzt häufig schon knapp 1500 Euro. Und Energieexperte Sieverding glaubt, dass die Strompreise noch weiter anziehen werden: „Eine Verdopplung der Strompreise im Vergleich zum Vorkrisenniveau werden wir wohl sehen“, sagt er.
Warum sind die Preise der Versorger so unterschiedlich?
Bestands- und Neukundentarife unterscheiden sich zum einen, weil viele Kunden mit älteren Verträgen noch Preisgarantien haben. Das ist aber nicht der einzige Grund. Darüber hinaus organisieren die Anbieter die Strombeschaffung unterschiedlich. Manche Anbieter kaufen den Strom monatlich ein und geben so die gestiegenen Großhandelspreise auch schneller an die Endkunden weiter, andere Anbieter kaufen jährlich oder auch nur alle zwei oder drei Jahre. „Das führt dazu, dass insbesondere viele große Anbieter, wie Eon oder BNEW, die eher konservativ beschaffen, die Marktpreise erst zeitverzögert weitergeben“, sagt Arik Meyer, Gründer vom automatischen Strom- und Gas-Wechseldienst Switchup. Bedeutet: Auch diese Anbieter werden früher oder später Preisanpassungen vornehmen müssen.
Wie viel Geld sollten Haushalte für höhere Strom- und Gasrechnungen zurücklegen?
Wie teuer es letzten Endes für den Einzelnen konkret wird, kann vorher natürlich niemand mit Sicherheit sagen. Dennoch gehen Experten von stark steigenden Preisen bei Gas wie auch beim Strom aus. So rät Sieverding für Strom die doppelte Summe einzuplanen im Vergleich zu dem, was Verbraucher vergangenes Jahr gezahlt haben und für Gas gar das Dreifache.
Wer kann und konsequent dabei ist, sollte das Geld außerdem bestenfalls privat beiseitezulegen und nicht bereits vorher beim Energieversorger die Abschläge erhöhen. Denn sollte ein Anbieter pleitegehen, sind bereits gezahlte Abschlagszahlungen Teil der Insolvenzmasse.
Wann dürfen Energieversorger die Preise erhöhen?
Solange im Vertrag keine Preisgarantie vereinbart worden ist, dürfen Anbieter gestiegene Beschaffungskosten an die Kunden weitergeben. Bei einer Preisgarantie sind Kunden davor geschützt. Allerdings handelt es sich häufig um sogenannte eingeschränkte Preisgarantien: Gesetzlich regulierte Preisbestandteile wie Netzentgelte, Steuern, Abgaben oder Umlagen dürfen auch dann weitergegeben werden.
Lohnt es sich, den Energieversorger zu wechseln?
„Wer noch einen alten Vertrag besitzt, sollte diesen behalten“, sagt Sieverding. Neukundenverträge seien in der Regel teurer. Wer wechseln muss oder wegen einer kräftigen Preiserhöhung bei seinem jetzigen Anbieter von seinem Sonderkündigungsrecht Gebrauch machen möchte, sollte sich seiner Ansicht nach in die Grundversorgung fallen lassen. Zwar fallen Kunden hier in den ersten drei Monaten in die sogenannte Ersatzversorgung, die bei vielen Anbietern um einiges teurer ist als der reguläre Tarif. Dieser reguläre Tarif in der Grundversorgung zählt aber zurzeit tatsächlich zu den günstigsten am Markt.
Anders sieht das Meyer. Vereinzelt gebe es noch günstige Preise, auch außerhalb der Grundversorgung, sagt er. „Das Problem in der Grundversorgung neben der teuren Ersatzversorgung in den ersten Monaten ist, dass es keine Preisgarantien gibt“, sagt er. „Auch die Grundversorger werden bald ihre Preise anpassen.“ Wer einen Stromanbieter mit einem Neukundentarif von 40 Cent pro Kilowattstunde Strom finde, sollte nach Ansicht von Meyer einen solchen Tarif abschließen – vorausgesetzt der Anbieter gibt eine Preisgarantie. „Verbraucher sollten nicht darauf hoffen, dass der Preis sinkt. Das wird er in den nächsten Monaten nicht tun“, so Meyer.



