Es wird wohl die größte Rettungsaktion für ein Unternehmen in der deutschen Geschichte sein. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) kündigte am Mittwoch die Verstaatlichung von Uniper an, dem wichtigsten Gasimporteur Deutschlands. Die Umsetzung werde drei Monate dauern, sei im Oktober also noch nicht beendet, so Habeck. Für die Verbraucher bedeutet das: Die Gasumlage in Höhe von zusätzlichen 2,4 Cent pro Kilowattstunde kommt zunächst trotzdem.
Uniper wäre mit über 50 Prozent der größte Empfänger der Gasumlage – und es mehrt sich die Kritik in der Politik, dass das Unternehmen spätestens nach drei Monaten Verstaatlichungsfrist ohne Gasumlage auskommen könnte. Die Gasumlage gehöre abgeschafft, forderte der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU), und viele SPD-Politiker sowie die Grünen-Chefin Ricarda Lang beharren zumindest auf deren Überprüfung. Wäre die umstrittene Maßnahme zur Rettung der Gasimporteure, die die Verbraucher so belastet, nach drei Monaten, wenn Uniper schon ein Staatsunternehmen ist, überhaupt noch haltbar?
„Wir stehen derzeit bei 8,5 Milliarden Euro Verlusten“
Der Uniper-Chef Klaus-Dieter Maubach nimmt die politische Diskussion zur Kenntnis, rechnet allerdings damit, dass die Umlage zum 1. Oktober gilt. „Und wir gehen davon aus, dass die Veränderungen, die Minister Habeck plant, uns nicht betreffen werden“, sagte Maubach der Berliner Zeitung auf der Pressekonferenz am Mittwoch. Habeck hatte Ende August zwar angekündigt, die umstrittene Umlage zu überarbeiten, damit die von der Gaskrise kaum betroffenen Unternehmen keinen Gebrauch davon machen könnten. Doch wann diese Änderung kommt, bleibt unklar.
„Wir werden nach wie vor diese Gasumlage in Anspruch nehmen können: ab dem 1. Oktober bis auf Weiteres. Das sind jedenfalls unsere Planungen, und wir planen nicht, dass das nur einen bestimmten Zeitraum umfasst“, legte der Uniper-Chef nach. Die Politik entscheide zwar über die weitere Gestaltung der Gasumlage, aber Uniper nehme an, dass die Gasumlage bis zum 31. März 2024 gilt und von den Verbrauchern übernommen wird.
Wirtschaftsminister Habeck zeigte sich inzwischen offen dafür, die Verfassungsmäßigkeit der Gasumlage zu überprüfen. Finanzminister Christian Lindner (FDP) widerspricht und sieht „keine Rechtsbedenken“ gegen die Gasumlage, selbst im Fall der Verstaatlichung von Uniper. Die Übernahme des Konzerns durch den Bund wird von einem neuen Stabilisierungspaket geregelt. Dazu sei eine Kapitalerhöhung in Höhe von 8 Milliarden Euro zum Ausgabepreis von 1,70 Euro je Aktie unter Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre vorgesehen, teilt Uniper mit. Darüber hinaus wird der Bund die derzeit vom finnischen Energiekonzern Fortum gehaltenen Uniper-Aktien für 1,70 Euro je Aktie erwerben. Das Unternehmen stehe bereits bei 8,5 Milliarden Euro Verlusten, begründete der Uniper-Chef Maubach die Notwendigkeit dieser Übernahme. Sie werde „so lange wie nötig, aber nicht länger dauern“.
Gaspreis an der Börse stark gesunken – was bedeutet das für Uniper?
Vor diesem Hintergrund wirken die aktuellen Preise für Erdgas an der europäischen Börse in den Niederlanden etwas irritierend: Nach dem Rekordhoch im August sind sie derzeit um 40 Prozent gesunken, eine Megawattstunde kostete am Mittwoch rund 202 Euro pro Megawattstunde wie Anfang August. Ist das Schlimmste schon vorbei und kann Uniper Gas jetzt schon günstiger beschaffen? Oder ist das Unternehmen allzu sehr auf das Flüssiggas (LNG) angewiesen, das keinen Börsenpreis hat?


