Interview mit Experten

Die besten Tipps für eine Gehaltserhöhung trotz Inflation

Die Preise steigen und so bekommt die Gehaltsverhandlung noch mehr Bedeutung. Ein Experte erklärt, wie Beschäftigte dennoch mehr Lohn bekommen können.

Bei der Gehaltsverhandlung kommt es auf die richtigen Argumente an. Die Inflation kann eines sein – sollte aber nicht dominieren, rät Verhandlungsexperte Rasmus Tenbergen.
Bei der Gehaltsverhandlung kommt es auf die richtigen Argumente an. Die Inflation kann eines sein – sollte aber nicht dominieren, rät Verhandlungsexperte Rasmus Tenbergen.imago/Panthermedia

Vieles wird teurer. Bleibt das Gehalt hingegen gleich, ist die Rechnung ganz einfach: Beschäftigte können sich von ihrem Geld weniger leisten. Doch auch viele Arbeitgeber haben mit höheren Preisen zu kämpfen. Rasmus Tenbergen hat als Verhandlungsberater unter anderem mit Mercedes-Benz, Siemens oder der Telekom zusammengearbeitet sowie Gewerkschaften in Tarifverhandlungen beraten. Er sagt: Die Inflation habe für Beschäftigte in gewisser Weise sogar Vorteile für die Gehaltsverhandlung.

Herr Tenbergen, erleben Sie als Verhandlungsberater in der Praxis, dass es in Zeiten der Inflation für Beschäftigte schwieriger geworden ist ihr Gehalt zu verhandeln?

Ja, das ist deutlich schwieriger geworden. Wir erleben ja momentan nicht nur eine Krise, sondern gleich mehrere, die auch Auswirkungen auf die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt haben. In meinen Beratungsgesprächen vor Corona ging es viel häufiger darum, die schönen Seiten zu beleuchten. Nach dem Motto: Es läuft doch alles so gut. Wie kann ich persönlich mit einem höheren Gehalt daran beteiligt werden? Und momentan geht es eher um Problembewältigung – wie federe ich die Krisensymptome ab?

Ist jetzt, vor dem Hintergrund der hohen Inflation, trotzdem ein guter Zeitpunkt, das eigene Gehalt zu verhandeln?

Inflation bedeutet wirtschaftliche Schwierigkeiten für alle, auch für Chefinnen und Chefs. Deren erster Gedanke ist in aller Regel nicht: Jetzt müssen wir auch mal die Gehälter anpassen. Andererseits, so schwierig die Gesamtsituation auch ist, einen Vorteil gibt es doch aus der Sicht der Beschäftigten, die eine Gehaltserhöhung anstreben. Die Schwierigkeit, einen guten Anlass für eine Gehaltsverhandlung zu finden, gibt es nicht. Es ist für jeden erst mal verständlich, warum Gehaltserhöhungen in Inflationszeiten prinzipiell notwendig sind. Da muss man keine komplizierte argumentative Arbeit leisten. Möglicherweise ist das Thema Inflation sogar ein guter Einstieg für das Gespräch. Aber das sollte natürlich nicht das Hauptargument sein.

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Zur Person
Rasmus Tenbergen arbeitete als Verhandlungstrainer unter anderem bereits für Siemens, die Deutsche Telekom oder Mercedes-Benz und ist Geschäftsführer des Institute for Leadership Development in Berlin. Er veröffentlichte den Ratgeber „Gehaltsverhandlungen führen“ im Haufe-Verlag. Seit 2000 nimmt er regelmäßig Lehraufträge für Verhandlungsführung, Political Advocacy and Leadership an den Universitäten Bonn, Erfurt und Leipzig wahr. Er studierte unter anderem Politikwissenschaft und Public Management an der Freien Universität Berlin und der Harvard University.

Was sind denn die besten Argumente für eine Gehaltserhöhung?

In der Verhandlung sind immer zwei Fragen besonders wichtig: Welche Alternativen habe ich? Und welchen Wert bringe ich ein? Generell sollte das Hauptargument nicht sein, dass ich eine Gehaltserhöhung brauche, weil ich gerade große Ausgaben vor mir habe. Das ist kein gutes Argument. Ein guter Grund könnte sein, dass ein konkurrierendes Unternehmen um mich wirbt. Oder ich kann anführen, was ich dem Unternehmen an Wertschöpfung bringe. Etwa, wenn ich mich gerade erfolgreich an einem bestimmten Projekt beteiligt habe.

Was raten Sie, wenn der Arbeitgeber argumentiert, er könne wegen der Inflation nicht mehr zahlen?  

Zunächst einmal ist das eine Chance in der Verhandlung, eine positive Beziehungsebene herzustellen. Nach dem Motto: Es ist momentan für alle schwierig und wir haben gegenseitig Verständnis füreinander. Das heißt, dass ich als Beschäftigter mithelfe, nach Lösungen zu suchen, die uns gemeinsam nutzen. Eine Möglichkeit könnte sein, in der Verhandlung nicht nur auf das Geld zu gucken. Wenn das Benzin teurer wird, wird vielleicht das Jobticket interessanter in der Gehaltsverhandlung. Für beide Seiten – weil es im Vergleich weniger teurer geworden ist und weil es den Beschäftigten überproportional viel bringt. Vielleicht kann der Beschäftigte aber auch Wege aufzeigen, die die Krise sogar direkt adressieren. Wenn Sie zum Beispiel Russisch sprechen, könnte das in bestimmten Branchen gerade sehr wichtig sein, um Probleme abzufedern. Dann haben Sie natürlich gute Argumente für eine Gehaltserhöhung.