Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat am Dienstag Klage beim Bundesverwaltungsgericht eingereicht und einen sofortigen Stopp der Bauarbeiten an der Anschlusspipeline für das LNG-Terminal Rügen beantragt. Am Montagabend hatte das Bergamt Stralsund den Weiterbau der noch nicht fertig gestellten Pipeline auch für die Monate Januar und Februar zugelassen, obwohl ursprünglich ein absolutes Bauverbot während der Heringslaichzeit von Januar bis Mai festgelegt wurde. Der Gasnetzbetreiber Gascade hatte die Arbeiten beantragt, um die Pipeline im Bereich des Greifswalder Bodden an mehreren Unterwasserbaustellen mit Sediment abzudecken. Diese Arbeiten sollten selbst laut Gascade und gerade mit Rücksicht auf die Laichzeit vor Jahresende abgeschlossen werden. Die Folgen der jetzt in Januar und Februar zugelassenen Bauarbeiten für das sensible Ökosystem der Ostsee als auch für die Fischerei wären fatal. Die DUH fordert von Bundes- und Landesregierung, an der Baubeschränkung für die Monate Januar bis Mai festzuhalten und währenddessen das Gesamtprojekt einer Prüfung zu unterziehen.
Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH sagte laut Pressemitteilung: „Das Kartenhaus bricht zusammen: Das LNG-Terminal Rügen kann in diesem Winter nicht fertig gestellt werden. Damit leistet es auch keinen Beitrag zu Versorgungssicherheit.“ Dass mitten in der für den Bestand des Ostseeherings wichtigen Laichzeit gebaut werden soll, sei „eine weitere Katastrophe für Naturschutz und Fischerei“. Die DUH kündigte an, „gegen dieses unnötige Projekt vor Gericht zu ziehen“: „Wir werden einen sofortigen Baustopp einklagen und fordern Bundes- und Landesregierung auf, dieses unnötige LNG-Terminal endlich ganz abzusagen. Das Bundesverwaltungsgericht muss sofort einen Baustopp erlassen, um das Laichgeschehen des stark gefährdeten Ostseeherings zu schützen.“
Die vom Betreiber Gascade geplanten Bauarbeiten machten einen umfangreichen Schiffsverkehr mit hohen Unterwasserschall-Emissionen sowie Schütt- und Baggerarbeiten mit einer erheblichen Trübung des Wassers erforderlich. Stattfinden sollen diese genau in dem Bereich, den der Ostseehering für die Einwanderung in sein wichtigstes Laichgebiet im Greifswalder Bodden durchqueren muss.
Das bundeseigene Thünen-Institut für Ostseefischerei hatte bei einer Ausfahrt am 12.12. festgestellt, „dass der frühjahrslaichende Hering der westlichen Ostsee bereits beginnt, sich in der Sassnitzer Rinne zu sammeln“, so Christopher Zimmermann vom Institut zur Berliner Zeitung. Damals habe das Institut „noch keine Beeinträchtigung durch die Bauarbeiten feststellen können“. Dies werde auch schwierig werden, so Zimmermann: „Diese Vorlaicher-Konzentrationen wären durch die Verklappung von Baggergut aus dem Pipelinebau und der Hafenvertiefung Mukran betroffen, nicht aber durch die Bauzeitfenster-Verlängerung.“ Die Bauzeitfenster-Verlängerung würde „die in den Greifswalder Bodden zum Laichen einwandernden Heringe betreffen“. Hier befinden sich die wichtigsten Laichgründe des Bestands. Für eine beginnende Einwanderung in den Greifswalder Bodden habe das Institut wir noch keine Belege, das könne „sich aber jederzeit ändern“.
Januar und Februar seien der Beginn der Laichzeit - also nicht „mitten in der Laichzeit“. Zimmermann: „Es geht hier aus unserer Sicht um die Abwägung, ob man mehr Geld für eine Unterbrechung der Bauarbeiten auszugeben bereit ist, um das Risiko einer verzögerten Erholung des Heringsbestandes zu minimieren, oder ob man dieses Risiko bewusst in Kauf nimmt. Bei den vergleichsweise geringen Kosten und der hohen Bedeutung des Herings für die Küstenfischerei halten wir eine Fortsetzung der Bauarbeiten für nicht angebracht.“ Der Heringsbestand werde „aber nicht aussterben, wenn die Bauarbeiten fortgeführt werden, und der Ostsee droht deshalb auch keine ökologische Katastrophe“ - diese werde „vielmehr durch Nährstoffbelastung und Klimawandel verursacht“.


