Geopolitik

China ist nervös: „Ruhe in Russland ist trügerisch“

China sorgt sich um die Stabilität der Herrschaft von Präsident Wladimir Putin. Peking will kein destabilisiertes Russland – und wird überraschend deutlich.   

Der russische Präsident Wladimir Putin (r.) und der chinesische Präsident Xi Jinping schütteln sich die Hände, nachdem sie während einer Unterzeichnungszeremonie nach ihren Gesprächen im Großen Kremlpalast in Moskau am 21. März 2023 mit den Medien gesprochen haben.
Der russische Präsident Wladimir Putin (r.) und der chinesische Präsident Xi Jinping schütteln sich die Hände, nachdem sie während einer Unterzeichnungszeremonie nach ihren Gesprächen im Großen Kremlpalast in Moskau am 21. März 2023 mit den Medien gesprochen haben.Pool Sputnik Kremlin

China hat sich während des angeblichen Putschversuchs der Wagner-Leute von Jewgeni Prigoschin am Wochenende zunächst zurückgehalten. Die chinesischen Staatsmedien referierten faktisch ausschließlich Meldungen von russischen Staatsmedien. Am Sonntag erklärte das chinesische Außenministerium schließlich, China unterstütze Russland bei der Aufrechterhaltung seiner nationalen Stabilität. Russlands stellvertretender Außenminister Andrei Rudenko hatte zuvor in Peking Gespräche über „internationale und regionale“ Themen geführt. Über das Treffen wurde berichtet, aber ohne Position zu beziehen.

In einem Editorial schreibt China Daily am Montag, dass der Aufstand zwar rechtzeitig zurückgeschlagen werden konnte, weshalb es nicht zum Machtwechsel habe kommen können. Das staatliche Blatt weiter: „Dennoch sollte der Vorfall dazu dienen, die Bemühungen um eine politische Lösung der Ukraine-Krise zu beschleunigen, die zu dem dramatischen Ereignis beigetragen hat.“ Die Ereignisse besorgen Peking, weil der Putsch eines gezeigt habe: „Sollte es zu einer Eskalation des Konflikts in eine gefährliche Richtung kommen, könnte dies zum Schreckensszenario eines Atomkrieges führen.“ Kein Land sei in der Situation, „die Empfindung von Schadenfreude beim Betrachten des Moskauer Dramas so zu genießen, als würde es einen tödlichen Brand von der anderen Seite eines Flusses aus beobachten“. Es sei nun „an der Zeit, dass sich alle friedliebenden Länder der Welt zusammenschließen, um die beiden kriegführenden davon zu überzeugen, sich zusammenzusetzen und zu reden“.

Zusätzlich brachte China Daily unter dem Titel „Der Wagner-Vorfall ist gelöst, aber es herrscht eine trügerische Ruhe“ die Positionen zweier Experten, die sich über die Ereignisse in Russland alles andere als beruhigt zeigen. Xu Wenhong, Forscher für Russlandstudien an der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften, stellt zunächst zwar fest, dass „die sichere Lösung“ des Aufstands „die konsequente Außenpolitik der russischen Regierung stärken“ könne. Die Lösung dieser Krise sei „für die allgemeinen nationalen Interessen Russlands von entscheidender Bedeutung“ und entspreche „den gemeinsamen Wünschen der einfachen Menschen“. Doch beruhigt ist der Forscher nicht: „Obwohl die Krise oberflächlich betrachtet gelöst ist, zeigt die Meuterei der Wagner-Gruppe, dass seit dem Russland-Ukraine-Konflikt die sozialen, wirtschaftlichen und politischen Probleme zugenommen haben.“

Yu Sui, Professorin am China Center for Contemporary World Studies, geht noch weiter: Der „Konflikt zwischen Söldnern und der russischen Armee“ sei „nur die Spitze des Eisbergs über inhärenten Widersprüchen der russischen Gesellschaft“. Der Vorfall sei „sehr ernüchternd“. Sui weiter: „Der Erfolg der Vermittlung Lukaschenkos ist von größter Bedeutung, da Wagners Gruppe möglicherweise nicht erkennt, wie riskant die Militäraktion hätte sein können. Es handelte sich vielleicht nicht um einen Bürgerkrieg, wie einige Medien behaupteten, aber für Russland lässt es zweifellos die Alarmglocken schrillen.“