Schwedische Rentner haben derzeit unruhige Nächte: Sie zittern um ihre Altersvorsorge. Der Grund: Der größte schwedische Pensionsfonds, Alecta, hat beim jüngsten Banken-Crash in den USA etwa 1,9 Milliarden US-Dollar verloren. Der Fonds sah sich in der vergangenen Woche gezwungen, den Sparern zu versichern, dass er finanziell nicht angeschlagen sei. Solche Versicherungen tragen in der Regel nicht zu mehr Vertrauen bei. Der Fonds feuerte daher seinen Chef, Magnus Billing, weil dieser sich in einigen Interviews seiner unkonventionellen Investitionsstrategie gerühmt hatte.
Billing hatte versucht, die Renditen zu steigern, indem er das Investment des Fonds an einer konservativen schwedischen Bank aufgab und statt dessen auf US-Nischenbanken setzte. Die Pleiten der Silicon Valley Bank (SVB) und der Signature Bank sowie der Kurssturz der First Republic Bank bescherten den schwedischen Rentnern die Verluste – der Fonds war massiv ausgerechnet bei jenen Banken eingestiegen. Die schwedische Finanzaufsicht untersucht Alecta nun wegen der Verluste.
Der Fall zeigt, wie vernetzt das internationale Finanzsystem ist. Während der Phase der Niedrig- und Null-Zinsen waren Vermögensverwalter und Rentenkassen faktisch gezwungen, in riskantere Assetklassen zu gehen. Durch die starke Überalterung in vielen Gesellschaften müssen die Pensionsfonds erhebliche Liquidität vorhalten. Mit der Zinswende kamen plötzliche viele Assets unter Druck. Für viele Investoren ist es schwierig, schnell umzuschichten, weil die Realisierung von Verlusten auf jeden Fall verhindern werden soll. Doch die Anzeichen deuten darauf hin, dass es weitere Krisen geben wird. Vor allem der Blick auf die Schwellenländer bereitet vielen Investoren Kopfzerbrechen. Die Rückzahlungen auf internationale Anleihen in Schwellenländern werden im kommenden Jahr 27 Milliarden Euro erreichen, deutlich mehr als die 7,6 Milliarden Euro für dieses Jahr. Länder mit niedrigem Einkommen brauchen neue Kredite, sonst drohen Zahlungsausfälle. Weil die reichen Länder selbst wegen ihrer Kosten für Kriege, Klima und Corona nur begrenzte Spielräume haben, trifft es die schwachen Schuldner mit voller Härte.
Laut der Ratingagentur Fitch steht etwa Tunesien kurzfristig vor einer „realen Möglichkeit“ des Bankrotts. Der Präsident des Landes, Kais Saied, erzielte im Oktober zwar eine vorläufige Einigung über ein Rettungspaket des Internationalen Währungsfonds (IWF) in der Höhe von 1,9 Milliarden Dollar. Doch vergangene Woche lehnte Saied den neuen Kredit ab, nachdem der IWF die tunesische Regierung dazu gedrängt hatte, staatliche Subventionen für Grundgüter und Kraftstoffe zu streichen. „In Bezug auf den IWF sind ausländische Diktate, die zu mehr Armut führen, inakzeptabel“, sagte Saied am Donnerstag gegenüber Reportern. „Sozialer Frieden ist kein Spiel.“ Im Dezember 2010 trugen überhöhte Lebensmittelpreise dazu bei, die tunesische Revolution auszulösen, die zu Hunderten von Toten und zum Sturz des langjährigen Präsidenten Zine El Abidine Ben Ali führte. Der IWF und die Weltbank wollen bei ihren in dieser Woche in Washington stattfindenden Frühjahrstagungen Reformen beschließen. Geschenke wird es aber keine geben, denn die reichen Staaten möchten – angeführt von Deutschland – vor allem Investitionen in den Klimawandel finanzieren.


