Ausflugs-Tipp

Lust auf Sauna? Wo Berliner jetzt trotz der Schließungen schwitzen können

Berlins städtische Saunen bleiben vorerst kalt. Wer aufs rituelle Schwitzen trotzdem nicht verzichten will, sollte jetzt einen Trip nach Sachsen planen.

Benannt nach einem russischen Adelsstand: Im „Bojarenhaus“ lässt sich vortrefflich schwitzen.
Benannt nach einem russischen Adelsstand: Im „Bojarenhaus“ lässt sich vortrefflich schwitzen.Badegärten

Eibenstock in Sachsen einen etwas abgelegenen Ort im Erzgebirge zu nennen, wäre fast eine Untertreibung. In der Umgebung finden sich verschlafene Orte wie Aue, Schneeberg oder Schönheide, zur tschechischen Grenze sind es von hier aus gerade einmal 13 Kilometer. Der Bäcker in der Ortsmitte backt Brot und Kuchen jeden Tag selbst, trotzdem kostet ein mit Vanillecreme gefüllter Schokokuchen nur 60 Cent. Statt mit „Guten Tag“ begrüßt man sich hier in der ehemaligen Bergbau-Region gerne noch mit „Glück auf!“

In diesen idyllischen Ort kommen gerne Saunafreunde aus ganz Deutschland. „Es erwartet Sie eine russisch-karelische Saunalandschaft“, lesen Besucherinnen und Besucher am Eingang der Badegärten Eibenstock. Von russischen oder finnischen Saunen hat man schon gehört – aber was sind bloß karelische Saunen?

Karelien ist eine historische Landschaft, die zwischen den heutigen Staaten Russland und Finnland liegt. Die traditionelle karelische Rauchsauna, mit der die Badegärten werben, gehört zu den ältesten Saunen der Welt. Um sie aufzuheizen, wird Holz in einem offenen Steinofen verbrannt. Der Ofen hat keinen Schornstein, und man kann sich gut vorstellen, warum diese Sauna „Rauchsauna“ heißt. Die üppig verzierten Holzsaunablockhäuser der Badegärten wurden in Sibirien per Hand gefertigt und dann ins Erzgebirge transportiert.

Tut gar nicht weh: Waschung mit dem „Vastabesen“, die Gäste liegen bei diesem Ritual in Heu gebettet.
Tut gar nicht weh: Waschung mit dem „Vastabesen“, die Gäste liegen bei diesem Ritual in Heu gebettet.Badegärten

Der Rauch des Feuers einer karelischen Sauna kann nur durch Schlitze in den Decken und den Wänden entweichen. Betreten wird die Sauna erst, wenn der Rauch verschwunden und der heiße Raum gründlich gelüftet ist. Früher diente diese Art der Sauna vor dem Schwitzgang auch zum Räuchern von Fischen, zum Bierbrauen oder zur Getreidetrocknung.

Die rußgeschwärzten Holzdecken haben für Saunafans eine angenehme Nebenwirkung: Durch sie wird die Hitze als „seidenweich“ empfunden. Die Rauchsauna der Badegärten ist eine von sehr wenigen Rauchsaunen in Deutschland. Sie wird ergänzt durch spezielle Aufgüsse wie den finnischen, nach Teer riechenden „Terva“-Aufguss, für den mit Birkenrinde gearbeitet wird, oder den „Vasta“-Aufguss.

Ein Sauna-Tag reicht kaum aus, um das Gelände zu erkunden

Neben der Rauchsauna warten in den Badegärten aber noch 13 weitere heiße Verlockungen auf die Besucherinnen und Besucher. Ein einziger Sauna-Tag in Eibenstock – der Eintritt kostet 39 Euro – reicht kaum aus, um sie alle kennenzulernen. Da wäre zum Beispiel das auffällig gestaltete „Bojarenhaus“, benannt nach dem russischen Adelsstand der Bojaren, oder die „Banja Kreml“, die einer alten Festung mit Holzbrücken und Holztürmen nachempfunden ist. Der Hauptturm von letzterem Sauna-Haus ist 13 Meter hoch; drinnen kann bei 75 Grad geschwitzt werden.

Ein regelrechtes Spektakel sind die Show-Aufgüsse, die mit Farben, Düften, Musik und Kostümen die Sauna zum Theater werden lassen. „Aufguss-Tänzerinnen“ wedeln mit ihren Tüchern wild herum und nutzen für die Aufgüsse bisweilen auch Eiswürfel. Nach der „Vorstellung“ strömen die Besucherinnen und Besucher hinaus, um sich im eiskalten Badesee vor der Tür abzukühlen.

Soll an die Märchenhexe Baba Jaga erinnern: Im Garten am Waldrand liegt die „Hühnerfußbanja“.
Soll an die Märchenhexe Baba Jaga erinnern: Im Garten am Waldrand liegt die „Hühnerfußbanja“.Badegärten

Wellness und Gesundheit bringt indes das „Eibenstocker Bierbad“ zusammen. Hier sitzen die Gäste in großen Holzbottichen im Freien, ganz wie im Mittelalter. Dem warmen Wasser wird dunkles Doppelbock-Bier zugesetzt, das einen Alkoholgehalt von 7,5 Prozent hat. Während des Rituals sollte das Bier parallel auch „eingenommen“ werden, damit es die Haut auch von innen heraus weich und elastisch werden lässt. In einen der Badezuber passen drei bis sechs Personen, das Wasser wird mit einem Holzfeuer klimaneutral erwärmt.

Interessant ist auch die Erdrauchsauna, die höhlenartig in die Erde gebaut ist. Aufgeheizt wird sie mit einem karelischen Rauchsaunaofen aus geschichteten Steinen. Diese Steine geben über längere Zeit eine äußerst angenehme Strahlungswärme ab. Mit bis zu 110 Grad ist die Erdsauna auch die heißeste Sauna, also nur für hartgesottene Sauna-Profis geeignet. Wer sich das zutraut, kann drinnen den alten karelische Weisen lauschen, die aus Lautsprechern eingespielt werden.

Auch kulinarische Traditionen warten auf die Gäste

Im Garten am Waldrand liegt die „Hühnerfußbanja“, die auf Pfählen steht. Sie ähnelt dem Hühnerfußhäuschen der russischen Märchenhexe Baba Jaga, die auch älteren Ostdeutschen gut bekannt ist. Hier werden alte „Hexenkräuter“ geschmort, die einen eigenwilligen Duft entfalten. In der Banja kann gemäß russischer Tradition auch gegessen werden. Buchen lässt sich hier zum Beispiel das „Wenik“-Ritual: Nach einem Gläschen Wodka zur Auflockerung folgt der erste Aufguss mit einem Birkensud.

Egal, für welche Sauna und welches Ritual sich die Gäste entscheiden – danach sollten sie zum Entspannen der Blockhütte einen Besuch abstatten, in der ein Kamin lodert. Serviert werden Salbeitee, Borschtsch, Bier und russische Süßigkeiten. Wer mag, lässt eine traditionelle „Auspeitschung“ mit Birkenzweigen, die direkt aus Sibirien angeliefert werden, über sich ergehen; Zartbesaitete wählen vielleicht lieber das sanfte Honig-Salz-Peeling.

Wenn’s mal wieder länger dauert: Nach den Schwitzgängen kann in den Badegärten auch übernachtet werden.
Wenn’s mal wieder länger dauert: Nach den Schwitzgängen kann in den Badegärten auch übernachtet werden.Badegärten

Des Weiteren im Badegarten: ein Dampfbad, eine Meditationssauna, die traditionelle japanische Steinsauna „Kamaburo“, die Möglichkeit einer „Ovemalik“, der klassischen orientalischen Seifenschaummassage, und ein Rasulbad. Im Rasulbad, einer klassischen Reinigungszeremonie, herrschen angenehme 40 Grad. Es wartet eine Behandlung mit Schlamm, der am ganzen Körper einmassiert und dann auf beheizten Steinbänken einwirken gelassen wird. Durch den Peeling-Effekt entsteht eine Reinigung der Haut, die sofort nach der Behandlung sichtbar werden soll.

Normalerweise geht man auch in den Badegärten, wie überall in Deutschland, nackt in die Saunen und legt sich auf ein Saunatuch. Doch in Eibenstock gibt es auch eine „Textilsauna“ für Anfängerinnen und Anfänger oder solche Gäste, die ungern nackt in der Öffentlichkeit unterwegs sind. Sie ist auch für Familien mit Kindern eine gute Option, denn sie liegt im Bereich des Schwimmbades mit Riesenrutsche.

Um im Saunadorf selbst eine meditative Ruhe garantieren zu können, sind Besucherinnen und Besucher unter sieben Jahren dort nicht zugelassen. Meist haben Kinder in diesem Alter ja sowieso nicht die Muße für stundenlange Sauna-Sessions. Auch Übernachtungen sind im Saunadorf möglich, in Schäferwagen aus Holz mit Ofenheizung. Verzichten muss man indes aufs Internet: Weil in den Badegärten auf völlige Entspannung gesetzt wird, gibt es auf dem gesamten Gelände kein Wlan. Auch mal schön.