10 Fragen über Mode

DJ Hell: „Goldblond trifft’s am besten“

Schon in den 90ern absolvierte Helmut Geier seine Auftritte im Tresor, WMF oder Cookies top gestylt. Normal war das in den Berliner Clubs damals nicht.

Das beachtliche Œuvre von DJ Hell aka Helmut Geier mäandert zwischen Musik, Mode und Kunst. 
Das beachtliche Œuvre von DJ Hell aka Helmut Geier mäandert zwischen Musik, Mode und Kunst. Sven Marquardt

Den gebürtigen Oberbayer Helmut Geier verbindet man hierzulande nicht nur mit Musik, sondern auch mit Style. Nicht ohne Grund. Schon in den 90er-Jahren fiel er als DJ mit ganz besonderen Looks auf. Seine Auftritte im Tresor, E-Werk, WMF oder im Cookies werden damalige Berliner Clubgänger als ungewöhnlich glamourös in Erinnerung haben. Gerade die seinerzeit aufblühende House- und Technoszene war ja eher für Downdressing bekannt, tanzte man doch in den meisten Locations im Stockdunklen auf zerissenem Beton. Entsprechend waren Sneaker und Workwear die Trends der Nacht. Auch die DJs trugen während ihrer stundenlangen Sets gerne Hoodys und Cargohosen hinterm Pult.

Nicht so Helmut Geier aka DJ Hell: Weißer Designeranzug, feines Hemd und elegante Schuhe – das ging für ihn auch im Techno-Club. Bis heute spielt Bühnengarderobe für den Künstler eine wichtige Rolle, selbst wenn es in Ibiza auch mal ein Tanktop sein darf (aber sicher nicht irgendeins).

In seinen Sets und Eigenproduktionen fusioniert Geier unterschiedliche Stile elektronischer Musik. Nachdem er 1996 sein erstes Plattenlabel International Gigolo Records gegründet hatte, arbeitete er mit vielen bekannten Künstlern zusammen, darunter Tiga, Miss Kitten, Peter Kruder, Grace Jones, Brian Ferry oder Jonathan Meese. Mit letztgenanntem Berliner Maler ist derzeit übrigens ein zweites Album in Planung.

Geiers signifikanter Stil ist auch für die Modebranche interessant. So produziert er Runway-Soundtracks, arbeitet mit Fashionlabels zusammen, bringt Kleidung und Parfüm heraus. In welchen Momenten Mode außerdem eine Rolle in DJ Hells Leben spielt, beantwortet er in „10 Fragen über Mode“.

1. Welches ist Ihr liebstes Kleidungsstück momentan?

Ich trage zum ersten Mal seit über zwanzig Jahren wieder Jeans (Levis 507).

2. Wie sieht Ihr Outfit bei DJ-Auftritten derzeit aus?

Wenn ich auf Festivals oder in Clubs auflege, bin ich Performer auf einer Bühne, dann bringe ich meine Persönlichkeit zum Ausdruck. Aktuell trage ich gerne schwarze Ledershirts mit Schulterpolstern. Das sind Einzelstücke, die ich gemeinsam mit Freunden aus Berlin entworfen habe.

3. Sie haben in den 90er-Jahren im Anzug aufgelegt, während die meisten Techno- und House-DJs in Basecap und T-Shirt auftraten. Dazu trugen sie expressive Frisuren. Wie haben Sie auf Kollegen reagiert, die damit nicht umgehen konnten?

Mir ging es nie um die Bewertung jener, die Mode nicht als Ausdrucks- und Kunstform begreifen. Aber es stimmt, das Wegbewegen von der üblichen Workwear, Secondhand- oder Sportkleidung hin zu Prêt-à-porter wurde anfangs überwiegend kritisch bewertet. Meine Auftritte und Performances damals waren eher im Kontext des Blitz Clubs in London oder der Factory von Andy Warhol anzusiedeln.

Es ging ja vor allem darum, Neues zu erkunden und künstlerische Ideen umzusetzen, die im DJ- und Club-Umfeld unüblich waren. Mit den Künstlern meines Labels Gigolo Records gab es immer sehr fruchtbare Kooperationen mit Fashiondesignern auf der ganzen Welt. Heute sind Techno, House und die Clubkultur fester Bestandteil der Kunst und Modewelt geworden. Balenciaga oder Dior benutzen den Sound der Clubs, hier hat das Berghain in Berlin sicher eine tragende Rolle für mehr Verständnis gespielt.

Gel im Haar, Anzug, Krawatte: DJ Hell ist inzwischen zur Kunstfigur geworden.
Gel im Haar, Anzug, Krawatte: DJ Hell ist inzwischen zur Kunstfigur geworden.Daniel Mayer

4. Was haben Sie damals für Anzüge getragen?

Tom Ford für Gucci – er war der große Vordenker in den Neunzigern, Martin Margiela, Dior unter Hedi Slimane und von Raf Simons. Das waren die bestimmenden und innovativsten Designer damals. Ich habe aber auch Paul Smith, Dreiteiler von Berliner Independent-Labels und viel Vintage im 70er- und 80er-Style getragen.

5. Ist ihre Signature-Haarfarbe hellblond eigentlich echt?

Goldblond trifft's am besten.

6. Sie haben nebenbei auch immer als Model gearbeitet und zum Beispiel Werbung für Peek & Cloppenburg gemacht oder kürzlich für das deutsche Schmucklabel Saboteur. Sahen Sie sich bei einer Marke je im Konflikt mit Ihrem Hauptberuf als Musiker?

Es gibt auch Anfragen, die ich uninteressant finde und ablehne. Hinter den Kooperationen, die ich eingehe, stehe ich hundertprozentig. Mit Wendy & Jim aus Wien wurden bereits zwei Unterwäsche-Kollektionen designed , von Agent Provocateur aus London gab es einen limitierten Gigolo-Slip. Aktuell arbeite ich auch mit MCM zusammen, Kreativdirektor Dirk Schönberger ist ein sehr guter Freund. MCM hat wunderbare Weekender im Programm, die auch bestens für reisende DJs geeignet sind! Für Maserati bin ich Markenbotschafter, dort arbeite ich an zielführender Vermarktung und passenden Strategien für den deutschen Markt.

7. Haben Sie Lieblingsmarken?

Demna für Balenciaga ist wohl das Maß aller Dinge. Er hat viel verändert in der Modebranche und großen Einfluss auf die neue Generation.

8. Sie haben schon Runway-Soundtracks für Raf Simons produziert, wie kam es dazu?

Raf war immer auf den Gigolo-DJ-Hell-Partys in Belgien und Frankreich. Er war schon immer ein großer Unterstützer von elektronischer Musik. Eine Kooperation lag also auf der Hand. Ich habe diverse Shows in Berlin und Singapore oder Paris von ihm bespielt. Ich hatte Raf fast schon überredet, mit mir und Terence Fixmer ins Studio zu gehen und eigene Tracks zu produzieren! 

9. Wie oft sortieren Sie Ihren Kleiderschrank aus und wo landen die Sachen?

Leider habe ich die Angewohnheit, nichts wegzugeben und nichts auszusortieren. Alles wird gesammelt und kommt irgendwann ins Hell-Archiv.

10. Was ist Ihre preisliche Schmerzgrenze bei einem Kleidungsstück?

Kleidung verbinde ich nicht mit Schmerzen, also gibt's hier auch keine Grenzen .