Streit um die Kapitänsbinden bei der WM

Zum Ärger der DFB-Chefs: Fifa zündet neue Eskalationsstufe bei „One Love“-Binde

DFB-Präsident Neuendorf und Manager Bierhoff äußern sich empört über die Sanktionsandrohung und die listige Taktik des Fußball-Weltverbandes. Ein Bericht aus Katar.

Deutschlands Teammanager Oliver Bierhoff (l.) und DFB-Präsident Bernd Neuendorf äußern sich in Katar zum Vorgehen der Fifa im Streit um die Kapitänsbinden.
Deutschlands Teammanager Oliver Bierhoff (l.) und DFB-Präsident Bernd Neuendorf äußern sich in Katar zum Vorgehen der Fifa im Streit um die Kapitänsbinden.AP/Matthias Schrader

Die Fußballweltmeisterschaft in Katar hat bereits am zweiten Tag des Wettbewerbs eine neue Eskalationsstufe erreicht. Der Deutsche Fußball-Bund beugt sich unter lautem Protest gemeinsam mit England, Wales, Dänemark, den Niederlanden, der Schweiz und Belgien dem Diktat der Fifa.

Die hatte sich monatelang nicht gerührt, nachdem die europäischen Verbände ihr schriftlich mitgeteilt hatten, dass ihre Kapitäne bei der WM in Katar mit einer vierfarbigen „One Love“-Binde auflaufen wollen. Erst am Montag, keine 24 Stunden vor den ersten Spielen der Engländer, Waliser und Niederländer, drohte die Fifa bei einer Sitzung mit Generalsekretärin Fatma Samoura, dass Kapitäne sanktioniert würden, die sich nicht dem Diktat des Weltverbandes unterwerfen und auf das Tragen der Binde verzichten. Der Eklat war damit perfekt. Die Verbände beugten sich nach vielen Telefonaten dem Druck.

Neuendorf spricht von Machtdemonstration der Fifa

Am Nachmittag äußerte sich DFB-Präsident Bernd Neuendorf gemeinsam mit Manager Oliver Bierhoff am Trainingsplatz der deutschen Nationalmannschaft. Die Verärgerung nicht nur über die Entscheidung, sondern auch über die listige Taktik der Fifa war dem Verbandschef anzumerken: „Wir erleben einen beispiellosen Vorgang in der WM-Geschichte. Es handelt sich um eine Machtdemonstration der Fifa. Das war eine eindeutige Drohung, die wir sehr ernst nehmen mussten“, so der 61-Jährige. „Die von der Fifa herbeigeführte Konfrontation wollten wir nicht auf dem Rücken der Spieler   austragen.“ Die betroffenen Kapitäne wären nach dem Willen der Fifa im Moment des Betretens des Platzes vom Schiedsrichter aufgefordert worden, die Binde zu entfernen. Hätten sie sich geweigert, wären weitere Schritte erfolgt, möglicherweise zunächst die Gelbe, dann die Rote Karte. „Wir wissen nicht, welche Sanktionen tatsächlich ausgesprochen worden wären“, so Neuendorf.

Bierhoff ergänzte verärgert, die Fifa habe mit ihrem Vorgehen „ganz bewusst“ Unruhe in den Mannschaften so kurz vor deren Auftaktspielen in Kauf genommen. „Das ist traurig.“ Auch der deutsche Kapitän Manuel Neuer sei enttäuscht.

„Wir waren willens, Geldstrafen zu zahlen, die normalerweise bei Verstößen gegen die Ausrüstungsvorschriften verhängt werden“, hatten die Europäer zuvor in einer gemeinsamen Mitteilung geschrieben: „Wir können unsere Spieler jedoch nicht in die Situation bringen, dass sie verwarnt oder gar gezwungen werden, das Spielfeld zu verlassen.“ Diese maximale Eskalationsstufe trauten sich die Verbände nicht zu zünden.