Fußball

Zappeln im eigenen Netz: Wieso bei der EM so viele Eigentore fielen

Während das Eigentor bei Europameisterschaften lange Zeit eine absolute Ausnahme war, ist es bei der Heim-EM 2024 schon wieder sehr präsent. 

Eigentor: Diese Situation wünscht sich kein Spieler.
Eigentor: Diese Situation wünscht sich kein Spieler.Matthias Koch/Imago

„Was du auch machst – mach es nicht selbst!“, mahnte die Band Tocotronic schon vor über zehn Jahren – doch auch bei dieser nun zu Ende gegangenen Europameisterschaft haben sich wieder einmal viele Spieler nicht an den Rat aus der Popkultur gehalten und schossen Eigentore fast wie am Fließband: Erneut wurde die Zehnermarke geknackt, die bereits bei der rekordverdächtigen Europameisterschaft 2021 (11 Eigentore) erstmals bei einem EM-Turnier überschritten wurde.

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Und so ist die Liste der tragischen Figuren bei der deutschen Heim-EM lang, sie umfasst etwa Antonio Rüdiger, der im Eröffnungsspiel der DFB-Elf einen vernachlässigbaren Anschlusstreffer für die Gäste aus Schottland erzielte. Oder den Italiener Riccardo Calafiori, der den bitteren Siegtreffer für Spanien ins eigene Tor schob.

Nun hat das Eigentor den Vorteil, dass man als Stürmer leichtes Spiel hat, weil man den eigenen Torhüter und seine möglichen Schwächen besonders gut kennt und zudem auf eine völlig arglose Abwehr trifft. Demgegenüber steht der gravierende Nachteil, dass das meist durch ein unfreiwilliges Abfälschen entstandene Tor leider für die gegnerische Mannschaft zählt.

20 Jahre bis zum zweiten Eigentor bei einer EM

Tatsächlich waren Eigentore bei Europameisterschaften lange eine Rarität. 1976 schoss Anton Ondrus in Jugoslawien das erste Eigentor bei einer EM gegen seine Mannschaft aus der Tschechoslowakei, die später aber den Titel holte. Es sollte bis 1996 dauern – Jugoslawien und die Tschechoslowakei gab es mittlerweile nur noch im Geschichtsbuch –, ehe der Portugiese Luis Figo in England zum zweiten Mal bei einer EM das eigene Netz zum Zappeln brachte. Wofür früher also 20 Jahre benötigt wurden, das schaffen heutige Profis locker in einer Vorrunde.

Und tatsächlich geht die Dynamik der Eigentor-Frequenz mit einer zunehmenden Dynamik des Spielverlaufs einher: „Weil einfach schnell dahin gespielt wird“, antwortete etwa TV-Experte Lothar Matthäus auf die Frage seiner Kollegin Laura Wontorra nach den Gründen für den aktuellen Eigentortrend. „Der Verteidiger muss im Rückwärtslaufen den Ball im Endeffekt wegklären vom Tor. Deswegen sind das die Bälle, die ganz schwer zu verteidigen sind“, sagte Matthäus, der als Spieler selbst Erfahrung mit dem Thema gesammelt hat. Etwa 1986, als er zwar nicht bei einer EM, aber bei der Bundesliga-Partie zwischen Bayern München und Gladbach ins eigene Tor traf – nach ebenfalls dynamischen 13 Sekunden.