Bei den Testspielen von Zweitligist Hertha BSC sind die Spieler, die nicht dabei sind, derzeit fast interessanter als diejenigen, die auf dem Platz stehen. Wobei es am Sonnabend bei der 2:4 (0:2)-Niederlage in der Schweiz gegen die Young Boys Bern bei einigen Spielern so aussah, als wären sie auch schon lieber weg in einem anderen Team, als noch immer da. Ähnlich wie am Sonnabend vor 10.000 Zuschauern im Jahn-Sportpark in Berlin, war es beim Anpfiff 21 Stunden später auch in Biel sehr heiß. Abkühlung im Bielersee war allerdings nicht vorgesehen. Stattdessen sorgten zunächst drei Gegentore des Schweizer Meisters für kalte Hertha-Duschen, ehe der 17 Jahre alte Bence Dardai für den Zweitligisten mit einem strammen Weitschuss den Anschlusstreffer erzielte und der zuvor gefoulte Wilfried Kanga per Strafstoß den Rückstand auf 2:3 verkürzte. Doch die Young Boys legten noch mal mit einem Tor nach.
Pal Dardai lobt den BFC Dynamo, die Fans singen: „Ohoho, scheiß Union.“
Besonders aussagekräftig ist letztlich weder das 2:0 vom Freitagabend gegen den Regionalligsten BFC Dynamo, bei dem Trainer Pal Dardai die erste Spielhälfte mit einer Ansammlung von Akademie-Talenten, seinem Sohn Bence, Wilfried Kanga, Myziane Maolida und Dayovaisio Zeefuik beginnen ließ. In der zweiten Hälfte wechselte der Hertha-Coach erst drei Spieler, kurz darauf sieben, sodass letztlich nur Torwart Marius Gersbeck 90 Minuten lang in der Hitze von Prenzlauer Berg auf dem Platz stand.
Ein Doppelschlag der eingewechselten Marten Winkler und Derry Scherhant entschied das Spiel im ausverkauften Jahn-Sportpark. Und Dardai lobte am Ende vor allem den angenehmen Fußballabend: „Das war eine tolle Atmosphäre mit den vielen Fans. Das war ein fairer Gegner.“ Und nicht nur ein Flitzer, der offenbar das Bedürfnis hatte, mit Nachwuchsspieler Scherhant zu kuscheln, sondern auch die Fans von Hertha BSC und des BFC Dynamo präsentierten sich in bisher kaum gekannter Harmonie. Zumindest taten sie in gemeinsamer Ablehnung des 1. FC Union Berlin ihren kleinsten gemeinsamen Nenner lautstark kund: „Ohoho, scheiß Union.“
Für besonderes Interesse sorgten diejenigen Hertha-Spieler, die gar nicht bei den Testspielen dabei waren: Jessic Ngankam und Tolga Cigerci. Ihre Abwesenheit deutet darauf hin, dass die Wechsel der beiden zu Eintracht Frankfurt und zu Ankaragücü offenbar immer konkrete Formen annehmen. Beide erfüllen für Hertha BSC gerade die Aufgabe lebender Blankoschecks, zumindest für Publikumsliebling Ngankam lässt sich ein Erlös von um die 5 Millionen Euro erwarten – was die finanzielle Bredouille des Klubs ein kleines bisschen kleiner lassen würde.

