Weltmeisterschaft 2022

Vom Star zum Degradierten: Cristiano Ronaldo steht vor einer ungewissen Zukunft

Der 37-Jährige steht nach Portugals Viertelfinal-Aus am Scheideweg. Tritt er aus der Nationalelf zurück? Und findet er noch mal einen Verein in Europa?

Cristiano Ronaldo bringt nach dem 0:1 gegen Marokko seine Enttäuschung zum Ausdruck.
Cristiano Ronaldo bringt nach dem 0:1 gegen Marokko seine Enttäuschung zum Ausdruck.AFP/Vatsyayana

Cristiano Ronaldo brachte direkt nach dem bitteren Viertelfinal-Aus gegen Außenseiter Marokko (0:1) kein Wort heraus und stieg, nachdem er in den Katakomben des Al-Thumama-Stadions noch bittere Tränen geweint hatte, schweigend in den Teambus. Stattdessen attackierte seine Freundin Georgina Rodriguez Trainer Fernando Santos scharf. Dass der Coach ihren Liebling bis zur 51. Minute auf der Bank hatte schmoren lassen – für sie ein Skandal.

„Heute hat dein Freund und Trainer eine schlechte Entscheidung getroffen. Dieser Freund, für den du so viele Worte der Wertschätzung und des Respekts hast“, schrieb Rodriguez in einer Instagram-Story. Man dürfe, so Ronaldos Lebenspartnerin, „den besten Spieler der Welt nicht unterschätzen, die mächtigste Waffe, die man hat. So wie man nicht das Gesicht hinhalten sollte für einen, der es nicht verdient.“

Coach Santos fühlt mit dem degradierten Star

Wie im Achtelfinale gegen die Schweiz (6:1), als sich Gonçalo Ramos zum Nachfolger aufschwang, hatte Santos seinen Kapitän in der Auseinandersetzung mit den Marokkanern nicht für die Startelf nominiert. Der Coach fühlte nach Abpfiff mit seinem Star. „Wenn wir zwei Leute rauspicken, die sich am meisten ärgern, sind das Cristiano und ich“, sagte Santos. Doch er bereue nicht, Ronaldo nur von der Bank gebracht zu haben.

„Cristiano ist ein großartiger Spieler und kam ins Spiel, als wir es für notwendig erachtet haben“, betonte der Trainer und ergänzte, er denke nicht, dass die Diskussionen um Ronaldo „einen Einfluss auf das Spiel hatten. Wir waren und sind ein Team.“ Als Ronaldo schließlich eingewechselt wurde, war von ihm bis auf ein paar Pässe und einen Schuss, den Marokkos überragender Torwart Bono parierte, nichts zu sehen.

Jetzt steht Ronaldo am Scheideweg, die vergangenen Wochen haben seinem Ansehen enorm geschadet. Erst die unrühmliche Trennung von Manchester United, dann die Gerüchte über Zoff im Nationalteam und schließlich jene über Ronaldos Drohung, wegen seiner Jokerrolle aus dem WM-Lager abreisen zu wollen.

118 Tore in 196 Länderspielen

Quo vadis, Ronaldo? Auf Vereinsebene womöglich für ein fürstliches Salär nach Saudi-Arabien. Doch wie sieht es im Nationalteam aus? Nach 196 Länderspielen mit 118 Toren scheint der Abschied unumgänglich. Doch dankt einer wie er freiwillig ab?

Bei der EM 2024 wäre Ronaldo stolze 39 Jahre alt. Die Tageszeitung Diario de Noticias forderte: „Jetzt ist es an der Zeit, Bilanz zu ziehen – vom Verbleib von Santos bis zum Fall Ronaldo.“ Santos, dessen Vertrag bis 2024 läuft, erklärte, das Wort „Rücktritt“ gehöre nicht zu seinem Vokabular. Gilt das auch für CR7?

Für den 37 Jahre alten Ronaldo könnte es nach fünf Weltmeisterschaften ein trauriger endgültiger Abschied von der ganz großen Bühne gewesen sein. Zuletzt war der vereinslose Offensivspieler nur noch Joker und konnte selbst in dieser Rolle nichts bewirken. Auch bei Pepe und Nationaltrainer Fernando Santos ist fraglich, ob sie nach der enttäuschenden WM die kommenden Turniere mit Portugal angehen werden. „Ich werde mit dem Präsidenten in Ruhe über die Vertragsfrage sprechen“, sagte Santos, dessen Kontrakt bis 2024 läuft.

Ronaldo dürfte sich nach der Rückreise nach Portugal am Sonntag nun erst einmal um seine unmittelbare persönliche Zukunft kümmern. Ihm liegt Berichten zufolge ein lukratives Angebot aus Saudi-Arabien vor, möglicherweise würde der ehrgeizige fünfmalige Weltfußballer seine Karriere aber lieber auf Top-Niveau in Europa fortsetzen.